Montag, 1. September 2008

Warum hat das Schwein Flügel?

Ich war der Meinung, mein Blog braucht ein Logo. Also habe ich eine Designerin in unserer Agentur beauftragt, sich eines auszudenken. Wie sie auf das Schwein mit Flügel kam, weiß ich nicht, aber mir hat es spontan gefallen. Sie hat mir nur erzählt, dass sie es irgendwo auf einer Strasse in Wien fotografiert hat.

Dieser Blog soll ein Forum für Talente sein. Menschen, die gerne kreativ sind (oder es werden wollen), aber die noch nicht wissen, ob das der richtige Beruf und die richtige Branche für sie ist. Menschen, die es interessiert, wie man in die Werbung kommt. Und wo die kreative Latte hängt. Menschen, die intuitiv spüren, dass Dr. Best diese Latte nicht ist. Menschen, für die alles noch ungewiss ist. Oder gar unmöglich erscheint, einen interessanten Job in der Kreativabteilung einer Werbeagentur zu bekommen.

Zu dieser Ausgangssituation passt ein Schwein mit Flügeln doch ganz gut, oder?

Auch für mich hat dieses Projekt, einen Blog zu führen, etwas Surreales. Es ist für mich quasi ein digitales Fliegen lernen. Ein nackt unter die Dusche gehen und nicht wissen, wie viele Menschen dabei zusehen. Irgendein schlauer Marketingexperte hat den Begriff „digital native“ geschaffen. Damit meint er meine Kinder. Weil sie mit Computer, StudiVZ, SchülerVZ, Facebook und all den anderen digitalen Tools und Foren aufwachsen.

Ich bin kein digital native. Ich bin ein digital immigrant.

Und so möchte ich mit diesem Blog gleich zwei Fliegen mit einer Tastatur schlagen. Ich möchte in Kontakt mit kreativen Nachwuchs stehen und ihnen einen direkten Draht zu einem kreativen Obermotz bieten. Auf der anderen Seite möchte ich selbst mal erleben, wie so ein Blog funktioniert.

Damit das Ganze nicht völlig ohne Nutzen bleibt, werde ich zu jedem Kommentar am Ende einen persönlichen Tipp schreiben. Da ich mir vorgenommen habe, 5 Tage die Woche etwas zu schreiben – und das mindestens 100mal, werden 100 Tipps über 20 Wochen zustande kommen. Dabei habe ich die Tipps jetzt nicht schon hier irgendwo in der Schublade parat und alles baut aufeinander auf, sondern ich werde mich von der Entwicklung dieses Blogs treiben lassen und sehen, was mir spontan für Ratschläge einfallen.

Da ich heute mein Blog eröffne und es bisher keine Kommentare gibt, muss ich natürlich mit irgendeinem Thema anfangen. Und so komme ich gleich auf eines meiner Lieblingsthemen:

das Wortspiel.

Viele Texter, gerade junge Texter, neigen zu Wortspielen. Um es klar zu sagen, ich bin nicht kategorisch gegen Wortspiele. Aber Wortspiele haben etwas Reklamehaftes, weil die Leute draussen von der Werbung Wortspiele erwarten. Frage deine Freunde mal, ob sie einen Werbespruch für XY schreiben können und in 90% aller Fälle kommt ein Wortspiel heraus. Die Kunst guter Werbung ist aber nun mal, etwas zu kreieren, dass die Leute nicht erwarten. Wenn Du es schaffst, einen bekannten Sachverhalt auf so ungewöhnliche Weise zu kommunizieren, dass sich Menschen mit deiner Botschaft auseinandersetzen, dann bist du auf dem richtigen Weg. Deshalb ziehe ich einen überraschenden Gedanken einer Wortspiel-Headline vor.

Eine meiner Lieblings-Headlines ist denn auch eine Anzeige, die wir für die Einführung des ersten Skoda Superb im Jahr 2004 entwickelt haben. Ich habe sie unten beigefügt. Jetzt beende ich meinen allerersten Blog-Beitrag mit dem versprochenen Tipp. Und mit der großen Spannung, ob ich die nächsten 100 Tage alleine bleibe.


Tipp 1: Eine Headline mit einem überraschenden Gedanken ist einem Wortspiel vorzuziehen.

















Plakat aus dem Jahr 2004 für die Einführung des Skoda Superb.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe drei Lieblingsheadlines.
Die erste ist war für NIKE. Man sieht Michael Jordan zum Dunk hochsteigen und für die Headline reichten 4 Worte und 2 Zahlen:

"Michael Jordan 1, Isaac Newton 0".

Das ist für mich die vom Gedanken her beste Headline, die ich je gelesen habe.
Die zweite ist vom Gedanken toll und genial getextet. Für den Economist:

"A poster should contain no more than eight words, which is the maximum the average reader can take in at a single glance. This, however, is a poster for Economist readers."

So und die dritte ist das souveränste, was ich je gelesen habe. Und eigentlich auch eine kleine Copy. Eine Anzeige für Chivas Regal. Ohne Packshot, ohne Logo, nur dieser Text:

"This is an advertisement for Chivas Regal. If you need to see the bottle, you obviously don't move in the right social circles. If you need to taste it, you just don't have the experience to appreciate it. If you need to know what it costs, turn the page, young man."

Anonym hat gesagt…

Mich würde interessieren, welches deine liebste deutsche Headline ist.

Anonym hat gesagt…

Schwierig. Ich wüsste auf Anhieb keine. Keine wo man sagt: verdammt, die hät ich gern selbst geschrieben.

Ich mag aber die Julius Bär-Kampagne sehr gerne. Die sind gut getextet und lassen im Kopf ein genaues Bild davon entstehen, was Julius Bär ist. Beispiel:

"Als fortschrittliche Bank benutzen wir biometrische Zugangskontrollen. Wir merken uns Ihr Gesicht, Ihre Stimme und Ihren Namen."

"Wir behandeln alle Kunden wie langjährige Kunden. Auch wenn sie erst 10 Jahre bei uns sind."

Das sind natürlich keine klassischen Headlines. Aber die find ich auch meist nicht gut.
Zwei klassische, die ich noch mag:

"In Indien essen die Tiger Menschen, weil die so lecker gefüllt sind" für irgendein indisches Restaurant. Frankfurter Goldidee eben.

"Die einzige Leistung unserer Konkurrenz ist, dass sie uns vor den Chinesen kopiert haben" für Bionade.

Aber wie gesagt: das sind Sachen die ich nett finde. Wobei eine fällt mir noch ein. Sehr alt, aber die beste deutsche, die ich kenne.
Ist auch eher eine visuelle Headline:

"schreIBMaschine".

Anonym hat gesagt…

Hach, Neil French. Ganz passend zur Blog-Thematik hier gab's doch auch neulich bei Ihavenanidea zu lesen, wie der gute Mann in die Werbung gelangte. Musste ich tatsächlich drüber lachen. Die Schirner-Zeile ist ja auch viel diskutiert, aber: old shit is old.

Ich weiß gar nicht, auf welchem Kunden in Deutschland noch gut und schön und viel geschrieben wird.
Weiß ich wirklich nicht. Oder habe ich was übersehen?

Hanna hat gesagt…

"The time has come," the Walrus said,
"To talk of many things:
Of shoes--and ships--and sealing-wax--
Of cabbages--and kings--
And why the sea is boiling hot--
And whether pigs have wings."

The Walrus and The Carpenter
Lewis Carroll
(from Through the Looking-Glass and What Alice Found There, 1872)