Dienstag, 23. September 2008

Die brasilianische Methode.

Vor ungefähr zehn Jahren hat eine der unüblichen Nationen das alljährliche Werbefestival in Cannes erobert.

Plötzlich waren sie auf der Bühne und hielten lauter Löwen in den Händen, die Brasilianer.

Ohne Worte.

Mit Plakaten und Anzeigen, die nur Bilder enthielten. Und natürlich ein Logo (wenn es für Texter gut lief, war noch ein Claim dabei).

Nicht, dass Texter in dem Job nur schreiben. Im Gegenteil, sie dürfen auch Bildideen haben.

Ja, sollen sogar.

Die wortlose brasilianische Dramaturgie von Anzeigen hat alle verblüfft. Sagen die Motive doch trotzdem viel aus.

Das Scam-Ad-Zeitalter (zur Erinnerung, Scam-Ads sind Anzeigen, die nur für Wettbewerbe produziert werden, um Medaillen zu gewinnen und in die Presse zu kommen) hatte eine neue Facette erhalten.

Die Begründung dafür ist so einfach wie ungeheuerlich:

In Brasilien gibt es so viele Analphabeten, dass Werbung mit zu viel Text von der Hälfte der Verbraucher nicht verstanden wird.

Ob das jetzt stimmt, oder ob brasilianischen Texter einfach nur arbeitsscheuer als andere sind, sei mal dahin gestellt, aber Werbung kann durchaus ohne Text auskommen.

Da Menschen, die nicht lesen können, wohl auch keine Zeitschriften und Zeitungen kaufen (ausgenommen den Playboy), üben wir heute, eine brasilianische Idee für ein Plakat auszudenken.

An Plakaten müssen schließlich auch Analphabeten vorbei. Selbst in Deutschland.

Bleiben wir beim Produktbeispiel von gestern. Wie kann ein Plakat den Skoda Fabia aussehen, das ohne Text auskommt?

Versetzen wir uns in die Lage eines Verbrauchers, der schlecht lesen kann (haben die überhaupt Geld für ein Auto?) und überlegen uns, wie wir mit nur einem einzigen Bild kommunizieren können, dass Skoda eine attraktive Qualität zu einem günstigeren Preis bietet?

Wenn man – wieder mal – ganz simpel rangeht, kann man sagen, dass der Preis so anziehend ist, dass sich ziemlich viele Menschen für den Fabia interessieren. Und nicht für die Wagen der Konkurrenz.

Idee: Wir zeigen links einen Skoda Fabia. Und rechts einen Renault Clio. Nur leider kann man den Skoda Fabia nicht erkennen, weil er von lauter Menschen umringt ist.

Darunter steht nur: der Preis 10.280 Euro.

Das ist wenigstens ein ehrlicher Text (ich hoffe inständig, das sie wenigstens Zahlen lesen können, die Analphabeten). Siehe Tipp 16.

Oder: Wir sehen kein Auto. Aber dafür ein Gesicht mit einer ganz plattgedrückten Nase an einer Fensterscheibe (soll natürlich lustig aussehen). Das Gesicht guckt ins Innere des Wagens. Darunter steht das gleiche wie oben. Der Preis.

Oder: Ein Haufen Japaner steht staunend um einen Skoda Fabia herum. Sie messen alles ab und fotografieren den Wagen (so, wie man es von Automessen kennt). Einer steht daneben und schreibt alles auf. Auch darunter steht nur der Preis.

So kann man sich nun viele weitere – und sicher auch noch viel bessere – Motive überlegen.

Und das sind jetzt ganz sicher keine Plakate, die einen Wettbewerb gewinnen.

Aber erstens würde ich diese Plakate auch nicht verraten, sondern erst einmal selbst einschicken. Und zweitens will ich hier nicht den Scam-Ad-Profis ins Handwerk pfuschen.

Schließlich: Wer beherrscht die brasilianische Methode besser als die Brasilianer selbst.

Deshalb findet ihr unten ein Plakat aus Brasilien aus dem neuesten Lürzer's Archiv.

Ob du jetzt brasilianisch denkst oder einfach nur eine gute Idee suchst, mein Tipp ist deutsch:

Tipp 17: Bevor du eine schlechte Headline schreibst, denk dir lieber ein gutes Bild aus, dass ohne Text kommuniziert.




Botschaft ohne Worte.

(Wenn man mal großzügig vom Preis und dem Namen des Produktes absieht).

Die Männer auf dem Bild sollen Japaner sein (ich hab sie gleich erkannt, Hermann).




Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. In diesem Fall für Gatorade Kids.

Ein kreatives Prinzip, dass die Brasilianer weltweit wohl am besten beherrschen.


Warum? Das hat mit Analphabeten zu tun. Aber dafür müsst ihr schon oben lesen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

das verstehen sogar kontakter!

Zschaler hat gesagt…

Damit hat der Blog schon mehr erreicht, als ich je erwartet habe.