Montag, 1. Dezember 2008

Die interne Präsentation von Ideen.

Wer eine gute Idee hat, der hat nicht automatisch auch die Garantie, dass er sie on air bekommt.

Es ist die eine Geschichte, eine gute Idee zu entwickeln. Und es ist eine ganz andere Geschichte, sie so zu präsentieren, dass sie die Bedenkenträger- wie Eifersuchts-Hierarchien in der Agentur übersteht.

Von den Kunden-Hierarchien reden wir heute erst gar nicht. Das tun wir morgen.

Versetzen wir uns mal in die Lage des kleinsten kreativen Hierarchie-Einheit, genannt Text-Praktikant.

Der Prakti hat eine Idee. Nehmen wir an, es ist eine richtig gute Idee. Nehmen wir weiter an, alle kommenden Gesprächspartner sind frei von Eifersucht, Neid, Egomanie und Kundenhörigkeit – und widmen sich ganz objektiv der Sache (wenn das in einer Werbeagentur überhaupt geht).

Dann zeigt der Prakti seine Idee vielleicht zuerst einem nahestehenden Kollegen, könnte ein Junior Texter oder Junior Art Director sein (Hierarchie 1).

Der findet die Idee auch ganz gut und die beiden stellen sie zusammen dem Seniortexter/Senior Art Director (Hierarchie 2) vor.

Der oder die Senioren haben noch ein paar Anmerkungen und nehmen sie, nachdem ihre Kommentare berücksichtigt wurden, mit ins nächste Meeting, um sie dem CD (Hierarchie 3) zu präsentieren.

Der CD findet die Idee „ganz ok“, aber er sieht auch noch großen Überarbeitungsbedarf und schickt sie ins Team zurück. Das Team überarbeitet die Idee und trägt sie wieder zum CD.

Der ist zufrieden, als er seine Anmerkungen realisiert sieht und nimmt dann die Idee, um sie dem Executive CD oder dem Geschäftsführer Kreation (Hierarchie 4) als Idee seines Teams zu präsentieren.

Auch der ECD hat noch den oder anderen Optimierungsgedanken parat und die Idee wandert wieder zurück ins Team.

Irgendwann ist die Idee dann in einer Form, dass sie zum Kunden gehen darf. Sie hat schon 4 Hierarchien hinter sich. Wir haben aber noch nicht die Sub-Hierarchien von Account Directoren (Hierarchie 3a) und Client Service Directoren (Hierarchie 4b) berücksichtigt, die in vielen Agenturen ein starkes Mitsprachrecht haben und Ideen mit irgendwelchen politischen oder taktischen Argumenten abzuschießen wissen (manchmal auch zu recht).

Hat man diesen Horrortrip vor Augen, erkennt man die Wichtigkeit, die der Aufbereitung und Präsentation einer Idee zukommt.

1/3 der Erfolgschancen einer Idee liegt in der Art, wie sie präsentiert wird.

Schon in der internen Präsentation sollte man deshalb darauf achten, dass die eigenen Ideen nicht unter Wert verkauft werden.

Auch wenn dieses Ansinnen etwas absurd klingt, aber CDs leiden in ihrem Alltag unter einem Ideen-Overkill.

Empfehlenswert ist es daher, wenn man seine Ideen verbal vorstellt. Man selbst weiß am besten, wo der "Plot" liegt und kann ihn folgerichtig dramaturgisch genau platzieren.

Weiter sollte man bei der internen Präsentation nicht zuviel Labertext drum herum schreiben, denn CDs bzw. Agenturentscheider sind ungeduldig und alles, was nach viel Text aussieht, mindert die positive Grundeinstimmung zu einer Idee.

Bei mir verhält sich das so, dass ich in Abstimmungen vor jeder neu geschriebenen Seite Papier eigentlich immer sehr erwartungsfroh gestimmt bin, doch je mehr sich die Idee verlabert, desto schweiriger wird es, dass sie bei mir den Arsch noch hochkriegt und in die Shortlist wandert.

Für die Konzeptideen-Beschreibung maximal 2 bis 3 Sätze verwenden. Und bei einem Skript eher knapp und telegrammstilartig als episch ausformulierte Sätze.

Ich hab in meinem Beitrag über Treatments schon mal erwähnt, dass Sätze wie „Die Kamera öffnet ganz nah auf einer von der Sonne aufgeheizten Sandfläche in der Wüste“ auch kürzer formuliert werden können: „Close-up Wüstensand“.

Das Ausstaffieren von Stimmungen und Situationen sollte erst gemacht werden, wenn das Skript zum Kunden geht.

Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass sich ein CD ganz rohe Ideen vorstellen kann, so kann ein grobes Scribbel oder ein Moodbild Wunder wirken.

Ich persönlich liebe Scribbels.

Bei Funk ist die Betonung manchmal kriegsentscheidend. Wenn dem so ist, sollte man den Spot selbst vortragen und den Dialog imitieren, denn der CD liest an der entscheidenden Stelle vielleicht darüber.

Jeder junge Kreative kennt das Gefühl der Ohnmacht, wenn er spürt, dass der CD die Idee eigentlich nicht verstanden hat, aber er sich nicht traut, nach zu haken.

Hake einfach nach. Das zeigt deine Leidenschaft für eine Idee.

Und ja, zugegeben, manchmal überlese auch ich den Clou der Idee und es lohnt sich bei mir in jedem Fall, nach zu haken.

Zumindest ab und zu. (Ich will hier bloß nicht ein Nachhaken nach jeder Idee in meiner Agentur auslösen, an Ideen-Demenz leide ich noch nicht).

Wenn man als Kreativer selbst nicht bei der weiteren Präsentation seiner Idee anwesend ist, muss man sie umso plakativer und attraktiver in Szene setzen. Die Idee muss im Idealfall für sich allein sprechen können.

Diese Aufbereitung kann manchmal sehr anstrengend sein. Und ich möchte nicht wissen, wie viele Ideen es da draußen gibt, die wirklich stark waren, aber einfach schlecht aufbereitet oder verkauft wurden.

Aber von nichts kommt nichts. Je leckerer und anfassbarer eine Idee daherkommt, desto eher wird sie gekauft.

Ich habe in den vergangenen Jahrzehnten nach dem ein oder anderen Pitch schon mal die Gelegenheit gehabt, die präsentierte Arbeit der Konkurrenz zu sehen. Meistens endete das mit der Feststellung, dass unsere Idee besser war, aber die andere Agentur hatte ihre Idee in besseren Layouts und Animationen umgesetzt und präsentiert.

So was gilt auch intern. Manche verstehen es einfach, ihre Ideen besser aufzubereiten und zu präsentieren. Wie oft war ich früher neidisch auf Art Direktoren, die gut zeichnen konnten. Deren Darbietungen wirkten einfach viel überzeugender als meine, obwohl ich die bessere Idee hatten bzw. es mir einbildete.

Ich glaube allerdings, je überzeugter man selbst von einer Idee ist, desto leidenschaftlicher setzt man sie auch um.

Wenn dut keine große Lust verspürt, eine Idee irgendwie zu illustrieren oder zu visualisieren, bist du von ihr vielleicht auch nicht so überzeugt.

Was aber das entscheidendste Erfolgsrezept von allen ist: Man sollte relativ schnell seine internen Entscheidungs-Pappenheimer und ihre Lese-, Seh- und Zuhörgewohnheiten kennen.

Dann weiß man auch realtiv schnell, wie man seine Ideen am besten für sie aufbereitet.

Ich könnte wetten, meine Leute wissen das.

Tipp 64: Bereite deine Ideen so auf, wie sie für den jeweiligen Entscheider am besten zu konsumieren sind.





Wäre interessant zu erfahren, wie diese virale Idee für den 30.Geburtstag von Diesel intern präsentiert wurde. Youtube hat es inzwischen "vom Sender genommen". Mal sehen, ob es hier bleiben darf.

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