Donnerstag, 4. Dezember 2008

Virale Irrtümer.

Der große Traum in der Neuzeit der Kommunikation, den Marketingdirektoren, Werbeleiter oder Agenturkreative vielleicht immer noch träumen, ist der Traum vom Werbevirus. Von der Markenbotschaft, die sich wie von selbst im Netz fortpflanzt und automatisch auf die Bildschirme der Konsumenten transportiert wird.

Ein kleines kreatives Filmchen, einmal kurz auf YouTube, MyVideo und auf sonstige videophile Exhibitions-Portale gestellt – schon grassiert sein Link wie die Malaria unter deutschen Pauschal-Touristen irgendwo im tiefsten Dschungel Indonesiens.

Der Film wird so beliebt, dass er es natürlich auch in die redaktionellen Artikel auf Spiegel online oder Bild.de schafft. Die Kampagne wird talk of the town, der Marketingleiter wird befördert, die Kreativen gewinnen Awards und gekostet hat das ganze lausige 20.000 Euro für die Produktion des Filmes.

Peng!

Der Traum ist längst geplatzt.

Vielleicht gab es dieses Szenario mal kurz ganz in den Anfängen von YouTube und MyVideo, doch inzwischen ist das ein knallhartes Media-Business. Und die Reichweiten und Erfolgsaussichten sind teilweise weniger genau vorher zu sehen wie in den klassischen Medien.

Ich hatte letzte Woche ein sehr interessantes Informationsgespräch über crossmediale Aktionen mit einer Agentur namens elbkind.

Sie haben sich auf "Empfehlungsmarketing" spezialisiert (Stichwort WOM - word of mouth), was heisst, sie konzipieren, planen und implementieren virale Kampagen.

Böse Zungen würden sagen, die machen halt das „seeding“, das „säen“ der Kampagne. Aber genau hier gibt es entscheidende Unterschiede.

In dem Gespräch mit den Elbkindern (danke noch mal für den konstruktiven Input) wurde mir klar, dass es im allgemeinen Verständnis für virale Kampagnen drei großen Irrtümern gibt.

Irrtum eins: schräger Film auf YouTube und der Virus steckt an.

All die schönen Filme, die wir uns so gerne weiter geschickt haben (von Ron Hammer bis zur jüngsten Diesel Pornopersiflage), sind uns mit Plan näher gebracht worden.

Sie wurden entsprechend an den relevanten Stellen im Internet platziert ("geseedet" – wie das schön-scheussliche deutsche Fachwort heisst).

Doch das reicht nicht.

Qualifizierte Seeding-Experten verfügen über ein Netzwerk von Bloggern, denen sie die Filme oder Kampagnen-Highlights vorab exklusiv zur Verfügung stellen. Diese Blogger bekommt man nicht mal eben so, sondern man muss dieses Netzwerk pflegen.

Und für jedes Thema gibt es andere Netzwerke (Mode, Food, etc.)

Irrtum zwei: Wenn man den Leuten erst einmal nicht verrät, dass es um Werbung geht, ist die Überraschung und die Werbewirkung umso größer.

Wer wird schon gerne verarscht? Wer lässt sich schon gerne vor den Karren von Werbung spannen, ohne es vorher zu wissen?

Hier muss man eine sehr hohe Sensibilität entwickeln und gegebenenfalls mit offenen Karten spielen. Wer die Opinion-Blogger im Netz „verarscht“, der wird die Quittung prompt bekommen.

Statt die Kampagne zu promoten, kann es passieren, dass sie in Grund und Boden gebloggt wird. Wenn es gut läuft, wird sie einfach nur ignoriert.

Irrtum drei: eine virale Kampagne kostet so gut wie nix.

Wer sich die beiden viralen Kampagnen-Beispiele von gestern ansieht, der stellt fest, wie hoch allein der Produktionswert der Filme ist. Ich schätze ihn in Millionenhöhe.

Die Microsite will auch gut aussehen. Und ein breites und qualifiziertes Seeding bekommt man ebenfalls nicht umsonst.

Die Erklärung für die Big Budget Filme ist sehr simpel.

Um etwas wirklich Einzigartiges zu schaffen, das eine hohe Sehbeteiligung auslöst, muss man Inhalte zeigen, die der Verbraucher mit seinen privaten digitalen Filmmöglichkeiten (siehe auf YouTube) selbst nicht hinkriegt.

Die Kreativität der Marke ist der Kreativität der Verbraucher nur deshalb überlegen, weil die Marke sich die Umsetzung von ausgeschlafenen Ideen leisten kann.

Peng!

Nur weil der Traum vom Billigvirus geplatzt ist, ist das Medium Internet und das Werbemittel virale Kampagnen nicht weniger interessant.

Im Gegenteil, hier ist ein Kreativer in der Lage, zielgerichteter und fokussierter auf Leute zu zu gehen und einen Dialog anzuzetteln.

Und mit einer schlauen Verzahnung von offline- und online-Werbung einen echten Sog auszulösen.

Die User erwarten von Marken eine viel anspruchsvollere Kreation als im TV oder in Anzeigen. Aber sie erwarten auch weniger Reklame-Botschaften.

Sie wollen schlicht gut unterhalten und herausgefordert werden.

Zur Belohnung empfehlen sie die Marke – vielleicht – weiter. Wenn es gut läuft, klicken sie auch mal auf den Menüpunkt, unter dem es die Produktinformationen gibt.

Wenn es sehr gut läuft, schreiten sie sogar zur Kaufhandlung.

Tipp 67: Virale Kampagnen funktionieren nicht nach dem Zufallsprinzip auf YouTube.




Warum spielt der französisches Fußballer Franck Ribéry in rosafarbenen Fußballschuhen von Nike? Weil bald der Kinofilm Pink Panther 2 mit dem französischen Inspektor Clouseau (Steve Martin) in die Kinos kommt?



Pink Panther 2 Trailer. Start im Februar 2009.

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