Rory Sutherland verkörpert eine der schillerndsten Figuren der englischen Kommunikationsszene und ist Fachmann für interaktive Medien. Der Vice Chairman der Ogilvy Group ist zudem ein unterhaltsamer Referent.
Mit diesen Voraussetzungen ist er selbstverständlich ein perfekter Protagonist für TED (Technology, Entertainment, Design).
In seinem Beitrag erklärt Rory Sutherland, dass es überhaupt keine Kunst ist, mit einem großen Budget eine Wirkung zu erzielen. Er beklagt die Automatismen in unserer Branche, dass großen Probleme automatisch große Budgets zur Verfügung gestellt werden.
Gerade in der Kommunikation scheint dieser Automatismus in verlässlicher Regelmäßigkeit aufzutreten. Besonders Ministerien und große Institutionen arbeiten nach diesem ungeschriebenen Gesetz.
Dabei sind es oft Kleinigkeiten, die eine große Wirkung erzielen können. So blöd es klingt: die Vuvuzela ist ein aktuelles Beispiel. Ich erinnere mich weiter an den Studenten, der auf die Idee kam, die einzelnen Pixel seiner Webseite zu verkaufen. Und damit ein Vermögen machte.
Wir Kreative sind ebenfalls anfällig für diese Gedankenroutine. Wenn ein Kunde hohe Ziele formuliert und ein schmales Budget zur Verfügung stellt, sind wir schnell mit dem Argument zur Hand: geht nicht.
Dabei gibt es immer wieder Ideen, die so genial einfach sind, dass man mit wenig Geld viel erreichen kann.
Rory Sutherland sucht für dieses Talent noch den richtigen Begriff (ich habe ihn mal Genialität getauft). Er hat folgendes Koordinatensystem für sich aufgestellt:
Natürlich ist es oft auch so, dass sich Kunden mit schmalen Budgets zu radikalen, aber einfachen Ideen nicht durchringen können, weil sie ein gewisses Maß an Mut erfordern.
Oder wir Kreative sollen in einer so verdammt kurzen Zeit eine geniale Idee entwicklen, dass es schlichtweg unmöglich ist, sie zu finden.
Das Video hilft, seine Sinne und seine Einstellung dafür zu schärfen, dass wir Kreative mit kleinsten Budgets Großes erreichen können, wenn wir die geniale Idee entwickeln.
Doch es gibt keine Patentlösung. Das ist auch gut so. Sonst könnte es ja jeder.
Rory Sutherland „Sweat the small stuff“ auf TED.com.
1 Kommentar:
Berühmt ist ja das Apercu, dass in der Werbung 50% des Budgets zum Fenster rausgeschmissenes Geld wären, man wisse nur nicht welches das gerade ist.
Richtig? Nicht ganz. Es gibt eben die andere Seite: Werbung kann den Wert eines Budgets auch verdoppeln - es ist allerdings schwerer, als 50% zum Fenster herauszuschmeißen ;)
Zum Verdoppelungseffekt gehört außer "Genialität", also das Mysterium des kreativen Einfalls, auch ein angstfreier Umgang mit dem zur Verfügung stehendem Geld. Den gibt es nur in Unternehmen mit flachen Hierarchien, die sich außerdem nicht in einer akuten Krise befinden.
Man könnte ein Buch darüber schreiben: "Psychologie des Werbeentscheiders."
Aber warum führen kleine Budgets vomn kleinen Firmen nicht viel öfter zu frecher starker Werbung? Das ist der 2. Punkt, der außer Angstfreiheit gegeben sein muss: Zeit. Und Zeit ist ein Faktor der Ökonomie. Welche Agentur kann es sich denn leisten, für einen kleinen Kunden hunderte Stunden aufzuwenden, ohne die Stunden abrechnen zu können? Das macht man eben nur, wenn man dadurch wenigstens eine Reputationsrendite erzielen kann - daher die ganzen "Fake"-Einreichungen bei den Wettbewerben. In vielen Fällen tragen die Agenturen die "Genialitätskosten" selbst, als Quersubventionierung durch die Mega-Budgets. Was natürlich kein breiflächig anwendbares Geschäftsmodell sein kann.
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