Sonntag, 19. Oktober 2008

Marken-Kommunikation ist wie ein Porno.

Nie war es für die Menschen einfacher, den Botschaften von Marken zu entfliehen. Das stellte Chuck Porter von Crispin, Porter + Bogusky auf dem 1. ADC Brand and Ideas Congress (BIC) am vergangenen Donnerstag in Berlin fest.

Ist inzwischen bekannt. Zumindest in diesem Blog.

Durch das Internet ist es uns allen möglich, sehr vielen Werbeformen den Finger zu zeigen. Um Nachrichten zu erfahren, muss man nicht mehr Zeitung lesen. Um Musik zu hören, braucht man das Radio nicht mehr. Um Filme zu sehen, ist man nicht mehr auf den Fernsehapparat angewiesen.

Damit sind drei der stärksten Werbemedien schon mal ausgeschaltet.

Natürlich ist man im Internet nicht vor Werbung geschützt. Aber man kann es sich gegebenenfalls so einrichten, dass man mit sehr wenig Werbung konfrontiert wird.

Je mehr die Menschen der Werbung entfliehen können, desto mehr muss eine Marke tun, damit diese Menschen sich doch auf sie einlassen.

Chuck Porter glaubt deshalb an „the power of a great story“.

Wenn man als Marke eine gute Geschichte inszeniert, dann ist der Verbraucher bereit, sich mit den Botschaften auseinander zu setzen.

Für Volkswagen Jetta hat CP+B eine Kampagne geschaffen, die um die Sicherheit des Wagens rankte: Safe Happens (siehe unten).

Hier wurde eine Story inszeniert, über die ganz Amerika diskutierte. Im Internet konnte man wählen, mit welchen Ungetümen der Jetta zusammen stossen soll. Mit einem Nashorn, mit einem Ufo, etc.

Für den neuen Volkswagen Golf, der früher den legendären Namen Rabbit trug, hat CP+B ebenfalls eine Geschichte um diesen Namen gestrickt, weil er in Amerika populärer als der Begriff Golf ist.

So entsteht eine Geschichte nach der anderen, die für die Menschen spannend und für die VW eine kontinuierliche Stärkung der Marke ist.

Ein Vorgehen, dass Professor Dr. Christian Blümelhuber vom Inbev-Baillet Latour-Lehrstuhl für Euromarketing an der Université Libre de Bruxelles sehr gefallen dürfte.

Er war neben Chuck Porter einer der wenigen substanzgeladenen Redner des ADC BIC.

Nach Meinung des Professors (kein Nickelbrillenträger mit gekrümmten Rücken, sondern ein dynamischer Typ im schwarzen Anzug) müssen Marken „eine Nummer nach der anderen schieben“.

Wie in einem Porno.

Sie müssen immer neue Reizpunkte setzen.

Seine These ist, dass es ein explizites Gedächtnis und ein implizites Gedächtnis in unseren Köpfen gibt. Nur wenn es eine Marke ins implizite Gedächtnis schafft, hat sie eine wahre Verankerung erreicht und gibt dem Menschen Sicherheit.

Etwas vereinfacht ausgedrückt.

Es gibt ein vordergründiges Relevant Set und einen nachhaltiges Relevant Set.

Wenn in der Tiefe meines Hirns positive Informationen abgespeichert sind, dann kann eine Marke trotzdem attraktiv für mich bleiben, selbst wenn vordergründig negative Eindrücke entstehen.

Umgekehrt hat es eine Marke noch nicht geschafft, wenn sie vordergründig zwar interessant wird, aber in meinem tiefsten Inneren finde ich sie unglaubwürdig oder unsympathisch.

Laut Blümelhuber ist es ein Mythos, dass Marken ein einziges Image haben.

Marken haben mehrere Images (Doppelgänger Brand Image), denn jeder Konsument bastelt sich sein eigenes Image einer Marke zusammen.

Klingt irgendwie logisch, denn man hat ja nicht die gleiche Sicht von einer Marke wie der Nachbar. Oder wie die Großmutter. Oder wie der Streifenpolizist.

Marken sind virtuelle Gebilde, die sich rein aus Informationen zusammen setzen, und es hängt vom jeweiligen Individuum ab, welche Informationen man über eine Marke herausfiltert und abspeichert.

Okay, ich gebe zu, ganz schön theoretisch.

Für euch da draußen, die ihr Kommunikation für eine Marke macht, heißt das einfach, immer wieder eine gute Story für eine Marke zu entwickeln.

Plato, der alte griechische Ober-Philosoph, hatte folgende Weisheit dazu parat.

There is no learning without emotion.

Tipp 35: Entwickle keine Kampagne, entwickle eine Geschichte.




Die Kampagne „Safe happens“ für den Volkswagen Jetta von CP+B.

Der Kunde wagte etwas, das wenige Automobilkunden wagen: er zeigte, wie sein Produkt demoliert wird. Doch genau diese Geschichte brachte die Kampagne – und damit die Marke – in aller Munde und erzeugte großen Respekt.

2 Kommentare:

hello hat gesagt…

Amen. Woohoo.

Aber dann frage ich mich: Welche Marken trauen sich solche großen Geschichten? Oder ist das nach dem Entwickeln nur noch reine Beratungs- und Verkaufesache?

*amKopfkratz*

Zschaler hat gesagt…

Es gibt momentan nicht viele Marken unter uns in D, die sich das trauen.

Aber in erster Line geht es erst einmal darum, dass du dich traust, solche Geschichten in deinem Kopf zuzulassen und aufzuschreiben.

Und deine Mappe damit zu bestücken. Das ist Arbeit genug.

Der Kampf, so ein Konzept durchzubekommen, ist ein anderes Thema.