Als ich 1992 als Texter bei Springer & Jacoby anfing, gab es sehr viele Regeln, Checklisten und Prinzipien.
Eine davon lautete, wer (als Mann) zum Kunden geht, zieht Anzug, Hemd und Krawatte an. Die Kreativen weichten das mit der Zeit etwas auf, indem sie Sakko, Hemd und Krawatte zur Jeans trugen.
Eine davon lautete, wer (als Mann) zum Kunden geht, zieht Anzug, Hemd und Krawatte an. Die Kreativen weichten das mit der Zeit etwas auf, indem sie Sakko, Hemd und Krawatte zur Jeans trugen.
Begründung für diese Regel: Die meisten Kunden müssen ebenfalls in diesem Outfit arbeiten und die Agentur will durch unangemessene Bekleidung nicht von der eigentlichen Sache, nämlich der Präsentation der Ideen, ablenken.
Auch in meiner anschließenden Zeit bei Jung von Matt war es ein ungeschriebenes Gesetz: wer zu Herrn Sixt geht, muss eine Krawatte tragen, sonst verlässt der Mann den Raum, weil ihm nicht der nötige Respekt entgegen gebracht wird.
Ein Argument, das heute geradezu lächerlich erscheint. Es wäre interessant zu wissen, ob Herr Sixt diese Attitüde noch aufrecht hält.
Denn neben den Hoodiejournalisten, um die aktuell eine heftige Diskussion entbrannt ist, gibt es ja auch die Hoodiewerber.
Das man mit solchen einem Look großen Erfolg haben kann, zeigt zum Beispiel Christoph Bornschein, Kopf der Social-Media-Agentur TLGG (Torben Lucie und die gelbe Gefahr).
Das man mit solchen einem Look großen Erfolg haben kann, zeigt zum Beispiel Christoph Bornschein, Kopf der Social-Media-Agentur TLGG (Torben Lucie und die gelbe Gefahr).
Was verbirgt sich dahinter? Ich denke, dahinter verbirgt sich der Bruch mit Konventionen, den man auch durch seine Kleidung zeigen will. Wer Hoodie im Businessmeeting trägt, gehört der neuen Generation von Kommunikationsexperten an.
Die digitale kreative Welt schafft sich ihre eigene Sprache und Icons, um sich abzugrenzen.
Womit wir beim Kern des eigentlichen Problems sind: dem Abgrenzen.
Ob Journalismus oder Werbung, genau dieser Drang, sich von der jeweils vermeintlich anderen Welt abzugrenzen, macht viele Projekte so ineffizient, spaßbefreit und unerfolgreich.
Im Journalismus ist die alte Welt das gedruckte Magazin (Print), in der Werbung die Klassik (Anzeige, Plakat, TV-Spots).
Die Hoodie-Debatte im Journalismus dreht sich darum, dass der wahre Könner immer noch der Print-Journalist sei. Also der, der Nachrichten und Informationen recherchiert und sie dann mit einer investigativen Geschichte ans Tageslicht bringt. Wohingegen die Online-Journalisten Inhalte nur kopieren, wiederkäuen und mediumgerecht aufbereiten.
Wer in der ganzen Debatte zu kurz kommt, ist der Kunde. Hier der potentielle Leser, da der potentielle Käufer.
Der Leser sucht auf Medien, die ihm am relevantesten und attraktivsten erscheinen, seine Informationen. Online, Offline oder sogar beides. Wenn dem Leser die Qualität der Information nicht gefällt, sucht er sich Alternativen. Wenn dem Käufer die Werbung einer Marke nicht gefällt, dann kauft er sie einfach nicht.
Ob die Macher dabei Hoodie tragen oder nicht, ist beiden Pumpe.
Und dennoch: der Hoodie scheint bei Verlagen wie Unternehmen eine Zielgruppe zu beeinflussen.
Es gibt nämlich Entscheider, die sich bei ihrem Auswahlprozess für Kommunikationserfolg mehr vom Auftreten als von den Inhalten der Protagonisten leiten lassen. Auch kenne ich nicht wenige Firmen, in denen die Zusammenarbeit zwischen Krawatten (Marketing) und Hoodie (Online) schlecht funktioniert. Und auch in der Agentur merke ich immer wieder, wie schwer sich der ein oder andere mit disziplinübergreifendem Denken, Handeln und Arbeiten tut.
Doch ein erfolgreiches Verlagsprodukt wie eine erfolgreiche Kampagne entsteht nur dann, wenn Hoodies und Krawatten voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren.
Doch ein erfolgreiches Verlagsprodukt wie eine erfolgreiche Kampagne entsteht nur dann, wenn Hoodies und Krawatten voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren.
Das scheint in diesen Zeiten aber eher komplizierter als einfacher geworden zu sein. Doch Gebietsschutz ist definitiv ein Auslaufmodell.
3 Kommentare:
Wäre interessant herauszufinden, ob man "schräge" Ideen beim Kunden besser verkauf, wenn man konservativ gekleidet ist - oder andersherum.
Der Chef einer großen Agentur hat mal zu mir gesagt, wie Kunden reagieren, wenn er TV als Hauptmedium einer Kampagne empfiehlt: "Wenn Sie als ausgewiesener Onliner mir TV empfehlen, dann muss das ja wirklich Sinn machen". Viele Menschen glauben gerne, was sie glauben möchten.
Kleine Anekdote dazu: als ich vor vielen Jahren Textpraktikant in Düsseldorf war, wurde ein ganz normal gekleideter AD vor Besuchen bei einem bestimmten Kunden stundenlang auf "Rocker" getrimmt: mit Lederjacke und einem Schluck Whiskey. Und natürlich musste er den Kunden ungefragt duzen.
Einen Tag später rief dann immer der Kunde beim Geschäftsführer der Agentur an und sagte:
"Also, diese Kreativen bei Ihnen, das sind ja ganz wilde Typen, dolle Sache, bringen Sie bitte öfter mal so schräge Vögel mit!"
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