Es gibt Menschen, die bringen aus dem Silicon Valley einen Vollbart mit. Weniger als Hippie-Reminiszenz, sondern wohl eher als Symbol der Hoffnung, den atemberaubenden Innovations-Spirit dieser Region mit in die deutsche Heimat zu tragen. Und zukunftsträchtige Ideen zu generieren.
Ich habe es in 5 Tagen zu keinem Bart
gebracht, aber in meinem Kopf spießt seitdem die Idee, mir eine Garage zu
bauen.
Eine Gruppe des GWA, der ich
angehören durfte, hat Google, YouTube und Facebook besucht, um sich vor Ort mit
verschiedenen Experten dieser digitalen Taktgeber zu treffen und inspirieren zu
lassen.
Ich kann mir vorstellen, dass einige Leser genervt die Augen rollen, weil sie in den genannten Protagonisten die Medien-Monopolisten von morgen sehen.
Doch ich bin kein Mediamensch, sondern
Kreativer. Deshalb hat mich dieser unbeirrbare Glaube an kreative Ideen und die
Überzeugung, unmögliche Lösungen möglich zu machen, schlichtweg mitgerissen. We
do not know how to do it yet but we’re gonna do. Ein Spirit, der viele herkömmliche
Mediasupplier wie Traktoren aussehen lässt, die gegen Sportwagen antreten. Ein
Spirit, der an jeder Ecke des Valleys zu spüren ist.
Ich gehe nicht auf einzelne Produkte,
Konzepte und Ideen ein, die wir kennengelernt haben. Ich will stattdessen versuchen,
die Radikalität des Problemlösungs-Denkens rüber zu bringen, welche auf diesem
herrlichen Flecken Erde zum Arbeitsalltag gehört.
Was bei uns momentan zur kreativen Alibi-Phrase verkommen ist, wird bei Google von Sergey Brin und Larry Page konsequent vorgegeben. Das Prinzip heißt „Tenx“. Denk nicht 1x größer, denk gleich 10x größer. Erreiche mit deinen Ideen nicht Millionen Menschen, erreiche Milliarden. Alle Projekte, die das nicht versprechen, werden ad acta gelegt.
Jetzt kann man einwenden, dass sich
die Googler so eine Luxusphilosophie nur deshalb leisten können, weil sie mit ihrem
Suchmaschinen-Algorithmus eine Gelddruckmaschine im Keller stehen haben. Mag
sein.
Man kann
weiter einwenden, dass wir durch Big Data Technologien systematisch auskundschaftet
werden, was Sascha Lobo in seinem jüngsten FAZ-Beitrag unter der Überschrift
„Daten, die das Leben kosten“ zum Horrorszenario hochstilisiert. Mag ebenfalls
sein.
Aber hält
uns das davon ab, selbst wieder innovativer zu werden?
Neue Ideen entstehen
nicht durch Pessimismus, sondern dem Gegenteil davon. Innovation ist kein
Zufall. Innovation ist ein Prozess. Vielleicht sollten Agenturen und Kunden deshalb
ihre Arbeitsprozesse mal radikaler als bisher verändern.
Ein Schlüssel dazu heißt: Garage.
Denn die
Garage sorgt auch bei Google und anderen Valley Unternehmen dafür, ihre
bahnbrechenden Ideen zu entwickeln.
So eine Garage ist Bastelraum und
Think Tank zugleich. Hier befinden sich alle notwendigen Arbeits- und
Präsentationsutensilien. Damit meine ich weniger Flipchart, Post-its und Beamer
(die natürlich auch), sondern eher Legosteine, Playmobilfiguren, Klebebänder, Farben,
Platinen, Lötkolben, Bohrmaschinen, Bildschirme, Telefone aller Systeme, usw.
Hier befindet sich einfach all das Werkzeug, das man benötigt, um Lösungen auch
mal als Modell oder Prototyp sichtbar zu machen.
In der Garage treffen sich alle nötigen
Experten. Zum Beispiel Kreative, Planner, Berater, Designer, Mediastrategen,
Techniker, Programmierer – und Kunden. Sie alle nehmen sich erst mal das, was
heute viel zu kurz kommt: mehr Zeit für die Analyse des Problems. Und dann
fangen sie an, gemeinsam an der oder den Lösungen zu arbeiten.
Vorurteilslos
und vor allem: grenzenlos.
Sie können die Garage auch Lab, War
Room, R+D Studio oder sonst wie nennen. Mir gefällt Garage, weil es nach zupacken,
reparieren und rumschrauben klingt. Und weil viele Big Player des Valleys genau
da anfingen. Sei es Hewlett Packard, Apple oder Google.
Wir haben
in einer Google Garage ein paar kreative Fingerübungen gemacht. Agenturmenschen
und Kundenmenschen. Allein diese 2 Stunden fühlten sich extrem zielführend,
kooperativ und motivierend an. Collaborate and create. Warum kann das nicht
Alltag werden?
Natürlich hat die Garage auch einen
Haken. Sie taugt nicht für Pitch-Gläubige. Es sei denn, die Kunden lassen
verschiedene Garagen gegeneinander antreten. Was wieder mehr Aufwand bedeutet.
Ich will
mit diesem Beitrag dazu anregen (nicht zuletzt mich selbst), endlich wieder
lösungsorientierter, interdisziplinärer und inspirierender zu arbeiten. Was wir
schon lange wissen und predigen, muss nun auch endlich umgesetzt werden. Die
„Einzelteam“-Mentalität, das Siloarbeiten und Silodenken, das in vielen
Agenturen, aber auch zwischen Agenturen sowie zwischen Agenturen und Kunden
noch herrscht, stößt in der digitalen Revolutionsära an seine Grenzen.
Wer sich
mit einer Garage anfreundet, wird die immer komplexer anmutenden Probleme
unserer Zeit erfolgreicher lösen als andere. Wer es nicht tut, landet
vielleicht schneller beim Bart, als ihm lieb ist.
Dem Bart, den die Marke bekommt,
für die er arbeitet.
Ich jedenfalls habe mir fest
vorgenommen, dass ich so eine Garage aufbauen möchte, wenn es irgendwie geht.
Nein falsch, es muss heißen: I don’t know how to do it yet but I’m gonna do.
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