Freitag, 25. Mai 2012

Wer einkauft, geht wählen.

Ich würde gerne die Nichtwählerpartei gründen. Schon nach der nächsten Wahl wäre sie die größte Partei Deutschlands. Natürlich nur dann, wenn ihr alle Stimmen der Personen zugesprochen würden, die bei Bundes- oder Landtagswahlen nicht wählen gehen.

Ich müsste auch nie Wahlwerbung betreiben. Das öffentliche Hick Hack der politischen Kandidaten in Fernsehdebatten, Talkshows oder Interviews, deftig garniert mit ihren Versprechen, die sich Wochen später als leer entpuppen, haben für enormen Verdruss beim "Bürger" gesorgt. Das spielt der Partei die Stimmen automatisch nur so in die Hände.

 

Viele Menschen resignieren in dem Gefühl, mit ihrer einzelnen Stimme sowieso nichts ausrichten zu können. 
Der verzweifelte Rest flüchtet sich in eine Trotzreaktion und wählt die Piraten.

Unser System ist mehr denn je von der Wirtschaft und dem Geld dominiert. Politiker wirken darin wie Marionetten.

Die eigentliche Basis-Demokratie findet deshalb auch nicht mehr auf politischem Parkett, sondern auf den Böden der Supermärkte, Autohäuser oder sonstigen Verkaufshäuser und auf den Plattformen der digitalen Shops statt.

Jeder Kauf ist eine Stimme für eine gewisse Haltung einer Marke. Er bestätigt ihr Tun.

Jeder Nichtkauf straft sie ab. Und zwingt Unternehmen (bei zunhemenden Nichtkäufen) darüber nachzudenken, was mit ihrem Produkt und ihrer Philosophie los ist.

Die Informations-Transparenz und die mediale Schnelligkeit unserer Zeit haben dafür gesorgt, dass nichts verborgen bleibt. 

Das klingt ziemlich pathetisch und mag in der Tat übertrieben formuliert sein.

Am Thema „Nachhaltigkeit“ lässt sich aber sehr schön beobachten, wie die Stimmen des Marktes das Handeln der Marken beeinflussen.  

Unternehmen und ihre Produkte werden von Verbrauchern immer mehr daran gemessen, welche ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung sie übernehmen (CSR – Corporate Social Responsibility). 

Der Erfolg unserer Marke followfish bestätigt das.

Auf dem ADC Festival mit seinem Kongress in Frankfurt Mitte Mai durfte ich Arthur Potts-Dawson kennenlernen und auf der Bühne interviewen.

Er ist der grüne Starkoch in England. Arthur betreibt einige Restaurants, die ihre Speisen nur aus Lebensmittel der Region gestalten.

Und er hat The Peoples Supermarket in England mit ins Leben gerufen. 
Ein Supermarkt, der nach dem genossenschaftlichen Prinzip arbeitet. Kunden erwerben eine Mitgliedschaft für 25 Pfund im Monat. Damit bekommen sie alle Produkte 10% günstiger.

Als kleine Gegenleistung arbeitet jedes Mitglied 4 Stunden im Monat in einem der Märkte.

Der Supermarkt präsentiert nur Produkte von Produzenten aus der Umgebung oder Region und hat damit ein alternatives Einkaufsnetzwerk aufgebaut.

Arthur weiß zu berichten, dass die großen Supermarkt-Konzerne mit ihrer Einkaufsmacht viele Produzenten an den Rand des Ruins führen, weil sie die Preise so drücken, dass der Produzent nichts mehr verdient.

Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.

The Peoples Supermarket versucht einen fairen Preis auszuhandeln, mit dem der Produzent gut leben kann. 
Diese Haltung garantiert die Qualität der Ware.

Als ich Arthur von followfish und dem Tracking Code erzählte, kam er spontan auf die Idee, alle Rohwaren und Produkte zu codieren und zu verfolgen.

Der Clou: nicht nur, wo sie herkommen, sondern auch wo sie hingehen.

Um zu wissen, wer sie wie und wann unbenutzt wegwirft.

Eine der größten Verschwendungen der Menschheit ist der Lebensmittel-Müll.

In Amerika werden rund 50% aller Lebensmittel unverbraucht wieder weggeworfen.

Weil der Handel sie entweder nicht verkaufen konnte. Oder die Verfallsdaten abgelaufen sind und man sie aussortiert. 
Aber nicht etwa, um sie karitativen Organisationen zuzuführen, sondern um sie zu vernichten.

Es beschleicht mich das Gefühl, dass wir von Arthurs Idee, alle Waren zu tracken, noch hören werden.

Eines steht jedenfalls fest: 
Der Verbraucher entscheidet mit jedem Kauf, ob Nachhaltigkeit ein Muss für Marken wird.

Je mehr unverantwortlich hergestellte Produkte im Regal liegen bleiben, desto größer wird der Druck auf die Produzenten, ihre Philosophie zu ändern.

Machen wir uns wieder bewusst: Jeder Kauf ist eine Abstimmung.

Markwirtschaft eben.

Arthur Potts-Dawson während seines Vortrages auf dem ADC Kongress 2012 in Frankfurt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Dieser schöne, gute und so richtige wie wichtige Beitrag sollte unbedingt kommentiert werden - so schafft man Wandel dort, von er vonnöten ist: in der Realwirtschaft.

Denn deren Auswirkungen haben und hatten massive Folgen, mit denen unsere Generation es nun zu tun hat. Und die wir nun als Erbe zu beheben haben.

Konsumenten mit oben beschriebenem Verantwortungsgefühl haben den Hebel der Markenwahl - Kreative mit derselben Einstellung können unterstützend zur Triebfeder einer so wichtigen Bewegung werden; Guten Marken die großartigen Kommunikationsideen liefern, um diese größer und erfolgreicher zu machen als die "schlechten". In der Auswirkung zum Wohle aller.

Am besten wie bei followfish/Leagas gleich zusammen ins Unternehmerboot und sich aktiv beteiligen.