Vergangenen Dienstag hat er die Hamburger ADC Sektion besucht und ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert. Unter anderem, wie man einen guten Titel strickt.
Würde man ein Paradebeispiel für investigativen Journalismus suchen, so fiele den meisten von uns wohl der Spiegel ein. Der Satz „Das Sturmgeschütz der Demokratie“ hat das Magazin lange Zeit begleitet. Vor allem, als die Demokratie noch mit dem Kommunismus Kopf an Kopf um die Krone des besseren Lebensmodelles rang.
Inzwischen hat das Zeitgeschehen auch den Spiegel eingeholt. Die kommunistisch regierten Länder befinden sich auf dem Rückzug. Und die digitale Veränderung hat dafür gesorgt, dass das gedruckte Medium nicht mehr den Stellenwert von einst einnimmt.
Trotz all dieser Veränderungen ist der Titel immer noch der Verkaufsfaktor Nummer 1 für ein Magazin wie den Spiegel. Wie für die meisten anderen gedruckten Magazine natürlich auch. Obgleich man sich bei den TV Spielfilms und TV Movies dieser Welt fragt, ob der neue Titel wirklich anders aussieht als der vom letzten Mal.
Klaus Brinkbäumer bezifferte den Unterschied zwischen einem schlechten Titel und einem guten Titel beim Spiegel auf rund 100.000 Exemplare. Bei 4 Euro Verkaufspreis macht das schon ein stattliches Umsatzplus oder Umsatzminus aus.
Da lohnt es sich natürlich, Montag für Montag um die bestmögliche Anzeige zu kämpfen.
Nichts anderes nämlich ist der Titel.
Eine gut gemachte Anzeige für das wöchentlich erscheindende Produkt, welches an der Anzeige gleich mit dran hängt.
Der Titelmacher erzählte denn auch, was ein erfolgreiches Cover ausmacht. Empfehlungen, die uns Werbern, die jahrzehntelang Anzeigen machen, wie die hundertste Wiederholung eines Tatortkrimis erscheinen:
Gekonnte Reduktion.
Bild und Zeile müssen Kino im Kopf auslösen.
Je kürzer die Zeile, desto besser.
Am meisten erfreut Anzeigenmacher wie mich aber diese Aussage: „Ja, der Titel muss fast ein kleines Rätsel aufgeben“.
Wir alle kennen die Argumente unserer Kunden, die bei der Präsentation von anspruchsvoller Ware das glatte Gegenteil behaupten: "Mensch, Herr Zschaler, Verbraucher wollen keine Rätsel in der Werbung".
Der diskussionsgestählte Marketingdirektor wird dann sagen, na ja, der Spiegel hat auch ein anspruchvolleres Klientel als wir. Oder er wird sagen, wer sich für den Spiegel interessiert, tut das auch deshalb, weil er auf dem Titel Rätsel lösen möchte.
So ganz lässt sich das Gegenargument nicht von der Hand weisen. Doch auch Titel kämpfen am Kiosk um die Gunst der Aufmerksamtkeit. Und darum, trotz üppiger Online-Versorgung von einem Verbraucher doch noch in die Hand genommen und gekauft zu werden.
Der Titel ist wie eine Anzeige. Wenn er gut ist, verkauft er viel mehr Exemplare. Mit den Rezepten, die wir seit Jahrzehnten schon kennen. Mit Rezepten, die immer und immer wieder von vielen Marken in ihren Anzeigen missachtet werden.
Der Schlüssel aller guten Titel wie Anzeigen ist: der Kontext.
Der Bezug zur Aktualität.
Das gilt für Medien wie für Marken. Doch er wird von Marken noch viel zu selten eingesetzt.
Bild-Logo aus Streichholzköpfen. Einer der best verkaufenden Titel des Spiegel. Aber auch einer der umstrittensten. |
Einer der Lieblingstitel des Titelmachers. Kurz nach Fukushima: Das Ende des Atomzeitalters. |
1 Kommentar:
Na ja. Der Unterschied zwischen Titel und Anzeige ist ja eher das auf den meisten anzeigen etwas versprochen wird was nicht gehalten wird. Egal ob es besser, schneller
Ist oder noch besser schmeckt oder noch weißer wäscht. Wenn du aber auf den Titel Sachen schreibst die nicht im Magazin stehen machst du dich unglaubwürdig.
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