Es war Anfang Juni. Es wurde heiss in Deutschland. Und die Menschen gingen lieber ins Wasser des Freibades als vor das Wasser eines Freizeitparkes. Beim Blick der Verantwortlichen des Oberhausener Sea Life Aquariums in ihre leeren Kassen wurde ihnen ganz schwarz vor Augen.
Kein Geld in der Kasse hiess auch, keine Budget für Marketing und Werbung.
Und das zu einem Zeitpunkt, wo die Fussbal-WM erst noch bevor stand. Wo sich also bestimmt keine Sau für einen Fischpark interessieren würde.
Die Marketing-Greten-Frage lautete daher:
Wie bringt man nur zusammen, was eigentlich gar nicht zusammen gehört?
Fussball und Meerestiere?
Die Verantwortlichen überlegten, wer Ihnen da ganz schnell helfen könnte. Sie mussten den intelligentesten Mitarbeiter auf die Sache ansetzen.
Da gab es nur einen. Das war Paul, die Krake.
Kraken gelten als die intelligentesten Weichtiere, wobei ihre Intelligenz mit der von Ratten verglichen wird. Kraken sind in der Regel sehr scheu, jedoch neugierig – und erweisen sich in Versuchen als sehr lernfähig.
Und Paul lernte schnell.
Zwei Gefäße mit je einer Muschel. Dort, wo die dickere, fettere und folglich leckerere Muschel drin war, setzte sich Paul drauf und hob mit seinen Saugnäpfen den Deckel.
Das einzige, was ihm missfiel, waren immer diese geschmacklosen, grellbunten Servietten, die da neben den Muscheln lagen. Mal war die Serviette schwarz-rot-gold. Mal war sie rot-gelb-rot.
Doch Paul trug es mit Fassung, denn seinem Appetit tat das keinen Abbruch.
Je mehr sich Paul auf die dickeren Muscheln setzte, desto mehr Leute standen plötzlich vor seinem Aquarium.
Wie gesagt, Paul lernte schnell.
Daher mein Aufruf: Wer immer sich diese Schwachsinns-Aktion ausgedacht hat, schick sie ein. Zu allen Kreativ-Wettbewerben dieser Welt. In Memory for Paul.
Denn die Geschichte hat auch einen sehr traurigen Teil.
Paul wird seine größte Trophäe gar nicht mehr entgegen nehmen können: den Promo- und PR-Grand Prix in Cannes.
Denn da ist er bereits verschieden.
Kraken werden nur zweieinhalb Jahre alt. Und da Paul schon zwei ist und das nächste Cannes Festival erst wieder in 10 Monaten stattfindet, sieht es schlecht für ihn aus.
Nie wurde mit weniger Aufwand so ein Presserummel erzeugt. Auf den Titelseiten der anerkanntesten Tageszeitungen. Weltweit.
Nie wurde in so kurzer Zeit ein Lebewesen mehr zitiert, obwohl es gar nix gesagt hat.
Nie wurde eine unschuldige Krake gleichzeitig so gehasst und so geliebt.
Und nie wurden mehr Fotos in so kurzer Zeit per Photoshop manipuliert als in der Zeit der Fussball-WM. Und kurz danach.
Ich würde mich deshalb nicht wundern, wenn das Sea Life Aquarium in Oberhausen der Kunde des Jahres 2010 wird.
Und wisst ihr was? Paul hat es vor uns gewusst.
Eines der meist manipulierten Fotos der Welt: die Vorhersagen der Krake Paul (mit Blick auf den 4. Spieltag glaube ich in diesem Fall mal dran).
6 Kommentare:
Verantwortlich dafür ist übrigens eine Hamburger PR-Agentur.
Dederichs Reinecke & Partner
http://www.dr-p.de/
Paul hat auch schon während der EM 2008 getippt. Laut dem Sea Life Aquarium sind sie nur auf die Idee gekommen, um ihn spielerisch zu beschäftigen.
es muss übrigens heißen: einen löwen für den kraken.
@anon14:46: Stimmt, gut aufgepasst.
und natürlich: Das war Paul, der Krake.
Typisch Werber hinter jedem einfachen Spaß aus der Bevölkerung (hier: Tierpfleger) eine Agentur oder ein Case zu vermuten. Pfui!
Götz
P.S: Die PR-Agentur wurde nur angerufen, weil Oberhausen mittlerweile von bescheuerten Anfragen erdrückt wird.
P.P.S. Ja, ich weiß es aus erster Hand.
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