Ich kann Leute verstehen, die Fussball nicht mögen. Es ist eine  Massenerscheinung. Und wer mag schon Masse. Speziell in unseren  "kreativen Kreisen", in denen Individualität ganz oben an gestellt wird.
Ausserdem  gestehe ich gerne zu, dass viele der Fussball Protagonisten mit ihrer  geistigen Schlichtheit und ihrem proletenhaften Verhalten manchem  Feingeist den emotionalen Zugang zum Spiel deutlich erschweren.
Nichtsdestotrotz  gibt es keinen Sport, der die Masse mehr fasziniert und so viele  Metaphern fürs Leben liefert wie dieser. Und der auch die intellektuelle  Elite eines Landes (vom Philosoph bis zum Staatsführer) in  seinen Bann zieht.
Wenn dann schon eine Person wie  Annette Schavan, ihres Zeichens CDU Vizechefin und alles andere als  Fussball-affin aussehend, den Fussball als Vorbild zitiert, dann zeigt  das seine philosophische Kraft in unserer Gesellschaft. Und zugleich die  vermeintlich dramatische Hilflosigkeit einer Politikerin vor einem  Partei-Scherbenhaufen.
Sie sagte zum Erscheinungsbild  der schwarz-gelben Koalition: „Politik ist nicht Einzelspiel. Politik  ist Mannschaftsspiel. Da können wir vom Fussball lernen – und sollten  schleunigst lernen“.
Das Wort Politik kann man  bedenkenlos durch das Wort Agentur, Kommunikation oder Kreation  ersetzen.
Die Gesellschaft lechzt zwar immer nach  Identifikationsfiguren. Ob Beckenbauer im Fussball oder Helmut Schmidt  in der Politik. Aber Größen wie diese wussten immer das Team zu pflegen  und aufzubauen.
Ihr Team, das dafür gesorgt hat, dass  der gemeinsame Erfolg im Mittelpunkt steht und nicht der Glanz des  Einzelnen.
Speziell in der Werbung kann man leicht  beobachten, wie gute Kreative mit den Jahren des Erfolges der Versuchung  erliegen, die Bodenhaftung zu verlieren und sich selbst für den Kreativ-Allmächtigen zu halten. Die Selbstgefälligkeit und Profilierungssucht  wird mit jedem Teilerfolg größer. Sie vergessen leider, dass sie nur so  "gross" geworden sind, weil ein starkes Team hinter ihnen steht.
Teamgeist  ist die Bereitschaft einer Gruppe, ein gemeinsames Ziel zum Star zu  machen. Einer für alle, alle für einen – die Oberbinse für dieses  Vorhaben.
Wer so lange im Business ist wie ich, der  findet es immer wieder interessant zu beobachten, wie so genannte  Kreativstars mit ihrem Egotrip die Grundmauern des eigenen Erfolges  einreissen. Für Insider gerade wieder in einer größeren Agentur zu  beobachten.
Eine der hässlichsten Unsitten aus diesem  Ego-Dunstkreis tritt bei Awardshows ins Scheinwerferlicht. Dann nämlich,  wenn sich die CDs oder Kreativchefs auf die Bühne begeben, obwohl sie  nicht einen Hauch mit der Idee zu tun hatten.
Und  diejenigen, die die Idee hatten, müssen unten oder gar zu Hause sitzen  bleiben.
Auch ein gewisser Herr Maradonna hat wohl  vergessen, dass es neben Messi noch andere Personen geben sollte, die er  abknuddelt (übrigens eklig, wer will das eigentlich?). Wie fühlt sich  einer in der zweiten Reihe, der vom Coach nicht umarmt wird. Zum Team  zugehörig und ihm verpflichtet?
In diesem Zusammenhang  möchte ich kurz meine Lieblingsheadline zitieren – aus der  argentinischen Presse am Tag nach dem 0:4-Desaster für Argentinien:
"Diego,  der Junge heisst Müller".
Gibt es eine brutalere  öffentliche Abstrafung für Selbstgefälligkeit?
Schön auch die Vorgeschichte dazu, die sich auf einer Pressekonferenz nach dem Freundschaftsspiel Deutschland - Argentinien (0:1) im März abspielte. 
Es mag  dabei nur eine zufällige Randbeobachtung sein, dass gerade kleine  Menschen zum erhöhten Selbstdarstellungsdrang neigen. 
Aber  vergessen wir das wieder.
Natürlich ist das  überdurchschnittliche Talent Einzelner immer eine wichtige  Voraussetzung, damit ein Team erfolgreich ist. Doch was wäre Beckenbauer  ohne Schwarzenbeck, Netzer ohne Wimmer, Schumacher ohne Todt und  überhaupt alle ohne ihr Team gewesen?
Als  Unternehmenslenker muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass man  den Teamspirit im eigenen Laden hoch hält.
Teamspirit  heisst aber auch, dass die Teammitglieder nicht darauf warten, was der  Coach ihnen sagt, sondern dass sie den Einsatz bringen, der erforderlich  ist, um das Ziel zu erreichen.
Selbstlosigkeit statt  Selbstgefälligkeit.
Selbstlosigkeit ist eine  Eigenschaft, die sehr sehr lange ganz unbeobachtet bleiben und einen  Einzelnen sehr schnell unzufrieden machen kann, wenn er keine  Bestätigung erfährt. Daher auch so schwierig zu entwickeln. Aber eine  der besten Eigenschaften überhaupt.
In der eitlen  Kommunikationsbranche so gut wie nicht vorhanden. Denn das gehört  vermeintlich nicht zum Geschäft.
Tue Gutes und rede  auch gleich drüber.
Ich glaube, dass ist einer der  größten Denkfehler unserer Branche, wenn man an nachhaltigem Erfolg  interessiert ist.
Wer täglich nur noch über seine  Peanuts-Erfolge redet, weil er meint, die Welt muss es wissen, der steht  am Anfang vom Ende. Weil irgendwann keiner mehr zuhört, wenn er wieder  mal einen größeren Erfolg vorzuweisen hat.
PS: Write  the future. Die große Kampagne von Nike zur WM. Wie postete mein Freund  Stefan Schmidt neulich auf Facebook: das ist die beste Kampagne für  adidas. Keiner der Nike-Stars, die für die Kampagne „Zukunft schreiben"  sollten, ist im Halbfinale noch dabei.

1 Kommentar:
Chapeau.
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