Der diesjährige ADC Wettbewerb hat so viele Jurys wie nie zuvor. Und lässt entsprechend viele Juroren wie nie zuvor antanzen.
Ein Ergebnis der wachsenden Vielfalt unserer Medienlandschaft? Ein Ergebnis der steigenden Zahl von ADC Mitgliedern, die ja in irgendwelchen Jurys unterkommen müssen? Ein Ergebnis der klammen Vereinskasse, die mit zusätzlichen Kategorien Einsendeanreize bieten will?
Fragen, die sich nach der nächsten Woche vielleicht besser beantworten lassen.
Ich persönlich nehme an der Jury Film 1 teil. Dort werden TV-Spots, Kinofilme und Internetfilme bewertet.
Ich habe darüber hinaus die Ehre, den Juryvorsitz zu leiten. Was durch Wahl der Jurymitglieder erfolgt ist.
Was macht ein Juryvorsitzender?
Zunächst einmal kümmert er sich um das Organisatorische einer Jury. Zeitplan einhalten, Abstimmungen kontrollieren, Diskussionen moderieren, Organisationsbüro informieren, Fake- oder Dubletten-Vorwürfe weiterleiten.
Dann versucht der Juryvorsitzende natürlich, die Kollegen inhaltlich so zu führen, dass die Vorgaben und die Philosophie des Jurypräsidenten berücksichtigt werden – wie natürlich auch die eigene Philosophie.
Mein Ideal vom Club ist, eine wahre Messlatte für die Kommunikation in Deutschland zu sein.
Die ausgezeichneten Arbeiten sollen kreative Meilensteine für den Nachwuchs darstellen und ihn zu diesen Ideen „aufschauen“ lassen. Daraus sollen Talente ihre Motivation zu ziehen, noch besser zu werden.
Für gestandene Kreative soll es wieder eine Ehre sein, vom ADC ausgezeichnet zu werden. Momentan haben die Nägel leider etwas von einem bequemen Mitnahmeartikel bekommen.
Die Gründe liegen in den Fragen oben versteckt. Und in dem System, wie die Jurys besetzt werden. Mal sehen, ob die Bestrebungen des ADC, die Jurierung und die Kategorien zu reformieren, fruchten werden.
Bekanntlich haben wir in Deutschland seit Jahren ein kreatives Problem, nämlich dass die Qualität der Kommunikation, die man so im täglichen Alltag draussen sieht (offline wie online) ein Mittelmaß erreicht hat, das einen erschaudern lässt.
Die Ursachen sind schon tausendfach diskutiert worden. Wirtschaftskrise, geringere Budgets, zunehmende Macht der Einkaufsabteilungen, wachsende Hierarchien auf Unternehmensebene und nicht zuletzt Jobangst führen dazu, dass weniger Entscheidungen für mutige Ideen gefällt werden.
So haben Agenturen angefangen, in Eigeninitiative Arbeiten zu produzieren, die eine kreative Benchmark aufzeigen sollen. Und die ihnen einfach auch mehr Spaß machen als "Reklame". Arbeiten, die die Kunden motivieren sollen, einen Schritt weiter zu gehen.
Und es ist auch so: manche Ideen können sich Kunden auf dem Papier nicht vorstellen und wagen dann auch nicht den nächsten Schritt, Geld für eine Idee zu riskieren, bei der sie unsicher sind.
Wenn eine Agentur die Initiative ergreift, eine Idee, an die sie glaubt, für ihren Kunden "vorzuproduzieren", so ist das ein Weg, den ich gangbar finde.
Zum einen, weil die Idee meistens im Rahmen des Markenauftrittes entwickelt wird und nicht total von der Werberealität entfernt ist (zumindest nicht so weit, dass man sich als Juror verarscht fühlt).
Zum anderen, weil es hilft, den Kunden von guten Ideen zu überzeugen. Was dazu führt, dass er die Arbeit – trotz vorheriger Bedenken – einzusetzt.
So führt man Kunden manchmal eben an bessere Ideen ran. Nicht der ideale Weg, aber immer noch besser als eine opulente TV-Kampagne für eine Schwulensauna.
Meine weiteren Ansichten zum Juryvorsitz findet ihr in einem w+v Fragebogen.
Zum Abschluss unten ein ADC-Nagel-Anwärter fürs nächste Jahr.
Diese Arbeit ist sicher auch von der Sorte, die auf die Initiative der Agentur zurück geht.
Aber ich finde, sie passt zur Kampagne und es macht einfach verdammt Spass, den Film anzusehen.
Film "Planemob" von LLR, Hamburg.
12 Kommentare:
Ich finde, der Planemob ist einfach nur langweilig.
Ach ja, den ADC und seine Selbstbeweihräucherungstaktik zu kritisieren, gehört mittlerweile ja schon zu den gut getönteren Allgemeinplätzchen. Wenn man allerdings weiterhin so brav dran teilnimmt, wird sich daran auch in Zukunft nichts ändern.
Besser kann es ein Bild kaum wiedergeben.
Finde den llr Planemob nun auch nicht gerade bahnbrechend. das Prinzip des Flashmobs ist im eigentlichen Sinne ja erst einmal das Überraschen der Passanten. Das Internet tut seinen Teil dazu, diese Aktion zu verbreiten. Aber ein Mob, der nur der Kamera dient... könnte man also auch "faken". Da fand ich die Message von tmobile wesentlich überzeugender und echter.
Also das ist für mich wieder typisch (ADC)Deutschland.
Ein Blog der tagtäglich richtige Weisheiten über gute, kreative und richtige Kommunikation verbreitet und dann setzt man sich doch für eine luschige Idee von der Agentur des alten Kumpels ein.
Flashmob sollte in erster Linie für die Leute vor Ort rocken.
Das sieht aber eher scheisse aus, denn auf dem Flieger interessierts keinen zumal die Botschaft am Schluss ja nur von der letzten Reihe gelesen werden kann.
Die Leute die sich das Filmchen im Netz reinziehen können sich noch denken "Oh, die Germanwings trauen sich aber was", werden aber ansonsten auch nur gelangweilt.
Sorry - ich finds ja "ganz nett", aber wenn das die angekündigte Benchmark des diesjährigen ADC´s ist, dann guck ich mir doch lieber wieder alte Printfakes von vor zehn Jahren an. Da war die Qualität um einiges besser.
Versteh den Hype um dieses Filmchen auch nicht.
http://fraukolossa.blogspot.com/2010/05/kleiner-reminder.html
Es belustigt mich, denn um Leben in diesen Blog zu bringen, muss ich was über den ADC schreiben und schon hagelt es eine Reihe Kommentare. Gleich zwei davon verweisen dazu auf ein ziemlich profanes Plakat eines Blogs (siehe anon14.46 und drikkes) – ein Bildwitz, der nun wirklich schon uralt ist – und alle anderen regen sich auf, dass man sich gegenseitig belohnt. Genau das soll ja geändert werden. Da scheine ich mich missverständlich ausgedrückt zu haben. Also: Ich bin ganz klar dafür, dass es in Zukunft "objektiver" zugeht. Mal sehen, was die Reformbewegung im Club zustande bringt.
Solange Agenturen wie Tribal DDB solche Meinungen über den ADC haben, daß sich die Teilnahme nur lohne, wenn man selbst etwas gewinnt, solange wird sich nichts ändern. https://twitter.com/tribalddb_de/status/13910567297
Und solange kann ich auch die leider nicht ernsten, sondern nur ernst gemeinten Absichtsbekundungen anderer nicht ernst nehmen.
Mit Sippenhaft habe ich so meine Probleme.
Sippenhaft ist normalerweise auch nicht mein Fall, aber ich bezweifle, daß Sie die Reform des ADC im Alleingang werden stemmen können.
Ich wünsche Ihnen ehrlich viel Erfolg bei diesem Unterfangen, halte aber ein wenig Mißtrauen für durchaus angebracht.
Es wäre totaler Größenwahn, eine ADC Reform alleine stemmen zu wollen. Da ist der letzte ADC Präsident gerade kläglich - und zu recht - gescheitert. Das geht nur in Gesprächen auf Events wie dem gerade stattfindenden Wettbewerb – und in den Jurys. Es gibt viele Kollegen, die es ähnlich sehen. Und noch was: im Blog wird geduzt.
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