Klassische Werbeagenturen sind ein Auslaufmodell. Mit dieser Mutmaßung werden wir nun schon seit einigen Jahren konfrontiert. Durch den kontinuierlichen Einzug der sozialen Netzwerke in unser Leben bekommt dieses Feuer immer neue Nahrung.
Um zu überleben, müssten Werbeagenturen auf kreative Unternehmensberatungen umschulen. So eine der polarisierendsten Thesen. Formuliert von seiner Twitter-Allgegenwärtigkeit Amir Kassaei.
Ich sehe das anders. Und ich will auch kein Unternehmensberater werden (schon allein, weil ich mit Krawatten auf Kriegsfuß stehe).
Werbeagenturen werden sich auch in Zukunft um das kümmern, was es mit Sicherheit immer geben wird: Kommunikation.
Die Kanäle, die Inhalte und die Gesetze des Marketings mögen sich dramatisch ändern, aber Kommunikation bleibt.
Und somit auch „Werbung“.
Unternehmen, Marken oder Produkte werden immer um Kunden „werben“. Nur weil der Begriff eher negativ und vielleicht zu eindimensional (klassische Werbung) belegt ist, bedeutet das nicht, das es Werbung bald nicht mehr geben wird.
Im Gegenteil, Werbung (oder wie man das in Zukunft nennen mag) wird eine immer wichtigere Rolle für Unternehmen spielen.
Das Spielfeld wird sich nur verlagern.
Der momentan größte Werbe-Popstar unserer Zeit, Alex Bogusky, hat das in einem Interview mit brand eins wieder mal medienwirksam auf den Punkt gebracht. Und gleich ein ganzes Buch darüber geschrieben.
Kurzer Exkurs 1: Verrückterweise wurde ich auf den Artikel durch unsere Facebook Fanpage aufmerksam (die anders lautenden Gerüchten nicht von mir betrieben wird).
Kurzer Exkurs 2: Irgendwie scheint das ein Traum vieler Texter zu sein, mal ein Buch zu schreiben (übrigens auch meiner). Verwunderlich, das gerade im Zeitalter der digitalen Kommunikationsrevolution das gute alte Buch so begehrt ist. Man mag als Mensch eben „bleiben“. Das traut man einem Buch wohl eher zu als einem Blog. Vielleicht fasse ich irgendwann das Beste aus diesem Blog als Buch zusammen (Verlage, die Interesse haben?).
Doch zurück zur Zukunft der Werbeagentur.
Die liegt meiner Überzeugung nach darin, unser kreatives Kommunikationstalent viel weiter „vorne“ im Marketingprozess mit einbringen zu können als nur an seinem Ende, nämlich in der „klassischen“ Werbung (und damit meine ich online wie offline).
Es ist eine Binse, dass starke Kommunikation schon bei der Beschaffenheit des Produktes anfängt.
Zum Beispiel beim Namen und bei der Verpackung. Und/oder bei der Art und Weise, wie es vertrieben wird.
Ich habe hier schon häufiger unser Projekt followfish zitiert, bei dem wir erst eine Markenstory entwickelt haben (inklusive Namen und Verpackung), bevor wir überhaupt an „klassische Werbung“ gedacht haben.
Und es gibt weitere Projekte dieser Art, an denen wir momentan arbeiten.
Die Arbeit und die Erfahrungen in diesen frühen Produktentwicklungsstadien zeigt mir deutlich, wie viel kommunikative Probleme (und damit Geld) sich ein Unternehmen sparen kann, wenn es frühzeitig Kreative ins Boot holt, die etwas von Kommunikation und Kampagnen verstehen.
Ein eigenwilliger Name mag gut sein, er kann aber auch viel Geld kosten, weil er schwer zu kommunizieren ist (gerade wieder erfahren).
Namen und Produkte zu erfinden ist oft eine Frage von Eitelkeit. Wer will nicht einen Namen erfunden haben? Ich gebe nur zu bedenken, dass es schlauer sein kann, sich vorher mit Leuten zusammen zu setzen sollte, die wissen, was so ein Name in der "werblichen" Vermarktung später für Vor- und Nachteile besitzt.
Es ist meine absolute Überzeugung, dass gute „Werber“ hier eine Menge Know How zu bieten haben und den Kunden viel Geld sparen helfen können, wenn man zusammen konsequent und kreativ die Kommunikationspotentiale bei der Produktentwicklung mit einbezieht.
Da liegt die Zukunft und die Chancen unseres Jobs. Und darauf kann man sich nur freuen.
5 Kommentare:
Was genau ist letztlich der Unterschied zwischen deiner These und der These von Amir Kassaei? Sehe ich es richtig, dass im Prinzip der einzige Unterschied ist, dass er sagt: Wenn wir von Anfang an miteinbezogen werden, können wir uns die klassische Werbung am Schluss sparen. Und du sagst hingegen: Wenn wir von Anfang an miteinbezogen werden, brauchen wir die klassische Werbung trotzdem noch am Schluss, quasi als i-Tüpfelchen?
Unterehmensberatungen beraten ein Unternehmen in den Bereichen Finanzen, Controlling, Rationalisierung, HR, IT, Distribution, etc. Und vielleicht auch bei Marketing. Ich kann ein Unternehmen bei den erst genannten keine ausgewiesene Expertise bieten. Und ich bin überzeugt, dass das die wenigsten Werber können.
Wenn die Resultate, die durch eine frühzeitige Einbeziehung von Kreativen entstehen, dann so aussehen wie bei followfish, bin ich in dieser Welt doch richtig.
Dein Vortrag über dieses Projekt hat mich schon "damals" (in der Texterschmiede 2010) beeindruckt.
Ich hoffe sehr, dass Du Recht behältst. Und sich Unternehmen überzeugen lassen, dass dieser Weg ein besserer ist. Vielleicht wird Werbung dann mal weniger nervig als derzeit...
@Asti
Es waren mal zwei Herren da, die haben gesagt: "Wenn das Produkt gut und die Idee (Story) toll sind, sucht es sich selbst die passenden Kanäle." ;)
Ein weiteres Beispiel aus der Praxis. Es hat weniger Glamour. Man kann es ignorieren. Aber es ist trotzdem da: http://www.xing.com/profile/HansAlbert_Salden
Wer sagt eigentlich, dass das Kassaeis Thesen sind? Guckt man mal außerhalb von Deutschland, sieht man, dass das gar nicht neu ist.
Und was viel viel wichtiger ist:
Es gibt nicht DIE Strategie/DIE Lösung/DEN Weg für die Zukunft.
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