Ich habe mir gestern die neue shots Rolle (# 112) angesehen. Für alle Leser, die beim Namen shots ein Fragezeichen auf der Stirn bekommen:
shots ist so etwas wie Lürzer’s Archiv, aber ausschließlich für das bewegte Bild.
Die Compilation erscheint jeden Monat als DVD und ist deutlich auf englische Arbeiten fokussiert. Obwohl shots einen weltweiten Anspruch formuliert („cutting edge advertising and creativity worldwide“).
Gut, was Werbung angeht, sehen sich die Engländer vermutlich als Nabel der Welt an.
Alle drei Monate schafft es mal ein deutscher Spot auf die Rolle (oder aber es gibt ein Deutschland Special), doch meistens auch nur dann, wenn eine englische Produktion oder ein englischer Regisseur an dem Spot beteiligt waren.
Neben dem Creative Showcase, der rund 20 aktuelle Spots umfasst, gibt es noch Länder Specials, Regie Specials, Kunden Specials oder Nachwuchs Specials sowie die neuesten Musikvideos.
Natürlich werden nur herausragende Arbeiten gezeigt. Oder filmisch sehr ungewöhnliche Werke.
shots gehört inzwischen zum gleichen Verlag, der auch das Cannes Werbefestival vermarktet (Emap Media).
Vor einigen Jahren noch war das wie ein halber Cannes Löwe, wenn man mit seinem Werk auf der shots Rolle vertreten war. Heute hat sie an Reiz verloren. YouTube sowie andere Werbe-Portale und Werbeblogs graben shots das Wasser ab, denn wenn die Rolle rauskommt, ist das Zeug schon längst weltweit verbreitet.
Dafür ist das Abonnement sackteuer. Und es ist inzwischen zu viel Mist drunter.
Natürlich findet man immer einige tolle neue Kreationen (siehe unten).
Was bei aller Begeisterung auffällt, ist die Länge der Spots. Viele der Filme, wie auch die, die ich hier in der Vergangenheit heran zitiert habe, verfügen meistens über eine ganz stattliche Länge.
Zwischen 45 und 60 Sekunden.
Davon träumen wir deutschen Kreativen meistens doch nur.
Sicher, auf shots wird der ein oder andere Director's Cut zu sehen sein und nicht der wirklich geschaltete Spot. Aber in England sind die Spots auch deshalb länger, weil die Werbezeiten günstiger als in Deutschland sind.
Unsere Traumlänge liegt bereits bei 30 Sekunden, wenn es um einen TV-Spot geht (klar, bei viralen Spots ist das etwas anderes). Meistens müssen wir uns mit 20 oder 25 rumschlagen.
Eine ordentliche Geschichte kann man aber erst ab 25 Sekunden erzählen. Selbst in dieser Zeit muss man sich höllisch reduzieren.
Ich komme gerade von einer Filmproduktion. Wir haben den Schnitt für einen neuen TV-Spot diskutiert und ich musste wieder einmal feststellen, wie kurz 28 Sekunden sind.
Obwohl ich nun schon wirklich endlos viele Filme geschrieben und realisiert habe, tappe ich immer wieder in diese beschissene Zeitfalle.
Dramaturgie braucht Pausen. Und die sind bei 30 Sekunden rar, wenn man eine dichte Geschichte oder einen dialoglastigen Spot hat. Siehe auch folgenden Beitrag.
Wie dem auch sei, bei aller Inspiration durch Shots, AdverBlogs oder Lürzer’s, achtet immer darauf, wie lang die dort vorgestellten Filme sind.
Man lässt sich gerne durch opulente Geschichten blenden, für die wir nicht die Zeit haben.
All meine Hochachtung gilt deshalb besonders denjenigen, die auch in 20 bis 30 Sekunden einen Löwen zur Welt bringen.
TVC „Waterslide“ für Barclay Card von BBH London. Länge: 60 Sekunden.
In 30 Sekunden würde der Spot vermutlich baden gehen.
5 Kommentare:
In den US hat Miller zum Superbowl den 1 Second Ad geschaltet, dem brand treu - sehr gutes Bier für einen kleinen Preis - haben sie sich gedacht wir sparen uns die millionen an media kosten.
Mit http://www.1secondad.com/ haben sie vor dem spiel ordentlich PR bekommen und alle haben nach der einen sekunde ausschau gehalten.
Für mich zeigt es, das die länge keine Rolle spielt, nur die Idee.
Ich hab noch nie verstanden wieso Werbung, wenn Sie dokumentiert wurde, so teuer ist...warum? Die Cannes Rolle ist ja auch bei 299,-
total gaga, können die das nicht sponsorn lassen oder son kram
@wal: Da scheint aber die Zeit (1 Sek.) auch Teil der Idee zu sein, dann macht das wieder Sinn. Sehe mir das nachher mal an, danke für den Tipp.
@chris: Das nennt man Profitmaximierung.
1. die ein-sekunden spots sind nicht im superbowl gelaufen.
2. shots ist arschteuer, das aergert mich auch immer. man kann in vielen buchhandlungen in den staaten das mag fuer 'nen appel und ein ei bekommen, aber das bieten sie als guenstige abovariante nicht online an.
3. was haelt dich davon ab, einen directors cut zu machen? speziell wenn du den edit machst, kann die agentur doch durchaus einen tag selbst bezahlen, damit du einen 60er oder 90er hinbekommst. meine erfahrung ist, dass oftmals kunden den dann doch in ihre mediaplaene einbauen, wenn sie den einmal sehen.
Jungs... als ob es mal wieder auf die Länge ankommen würde... Klar, 45 bis 60 Sekunden haben ihren Reiz und natürlich werde ich bei so einer Länge schwach. Aber hey, auch 30 Sekunden sind gut, wenn dahinter eine tolle Idee steht und man nicht grad für abturnende Rügenwalder Teewurst Werbung machen muss.
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