Dienstag, 27. Januar 2009

Nix wie raus aus der Werbung?

Meine Umfrage zu den Perspektiven in der Werbung zeigt erste Tendenzen. Über 50% von Euch sehen einen Beruf in dieser Branche nicht als ihr Endziel an (schade eigentlich) oder wollen sie nur als Sprungbrett nutzen, um in andere Bereiche zu kommen.

In den Journalismus. In die Kunst. Zum Film. Oder vielleicht sogar in ein Unternehmen.

Claudia Willvonseder, jetzt Marketingdirektor bei IKEA, ist ein gutes Beispiel für so einen Werdegang. Sie war Texterin und Creative Director bei Springer & Jacoby, dann lange Jahre Geschäftsführer Kreation bei Saatchi & Saatchi in Frankfurt, Vor gut einem Jahr ist sie auf Kundenseite gewechselt. Immerhin zu einem "kreativen" Kunden. Obgleich IKEA auch schon bessere Kampagnen hatte.

Mein großer Traum war eine Zeit lang, Regisseur zu werden.

Auch hier gibt es einen, der das in die Tat umgesetzt hat: Martin Schmid von JoSchmid Filmproduktion. Sicher einer der besten deutschen Werbefilm-Regisseure. Aber schon als Creative Director bei Springer & Jacoby war Martin eine Klasse für sich.

Weil ich viele Filme ausgedacht und viele Produktionen begleitet habe, merke ich in den Gesprächen mit Regisseuren, dass ich auf einen großen Erfahrungsschatz blicken kann, was dieses Medium angeht.

Vielleicht werde ich das eines Tages endlich mal anwenden. Heutzutage ist 50 kein Alter mehr, um noch etwas ganz Neues anzufangen.

Die Gretchenfrage ist nicht, Werbung oder Kunst oder Film. Die Gretchenfrage ist, willst du kreativ tätig sein?

Wenn du diese Frage mit einem klaren ja beantwortest, dann solltest du ganz schnell herausfinden, in welchem Bereich deine Kreativität am besten zum Tragen kommt.

Eines nur sollte jeder ganz ehrlich mit sich selbst abmachen: Kreativität ist anstrengend, erfordert Disziplin, Willen, Ehrgeiz und kein nine-to-five-Denken.

Kreativität kennt keinen Feierabend. Ganz egal, in welcher Branche.

Das nur als Hinweis für alle, die Kreativität ganz schick und ganz cool finden, aber eigentlich nicht gewillt sind, die Leiden dieses Jobs auf sich zu nehmen. Gute Ideen fallen nur denen zu, die sie sich hart erarbeiten. Selbst die plötzlichen Einfälle sind das Ergebnis eines oft langen Denkprozesses.

Wer ganz dringend einen neuen Job sucht, ein Sprungbrett im wahrsten Sinne des Wortes, der sollte auf www.islandreefjob.com klicken.

Diese Aktion wurde bereits vor ein paar Wochen in einem eurer Kommentare erwähnt und ich wollte schon längst darüber geschrieben haben, aber in den Mühlen des Alltages habe ich es vergessen.

Wie auch immer, noch ist es nicht zu spät, darüber zu berichten, denn die Aktion läuft auf Hochtouren (Bewerbungsschluß ist der 22. Februar 2009).

Wer die Kampagne nicht kennt, hier kurz die Idee: Die Region Queensland in Australien vergibt einen Traumjob. Gesucht wird ein „island caretaker“. Eine Person, die auf einer Trauminsel in einem Traumhotel an einem Traumstrand dein Jahr umsonst auf die Insel verbringt.

Einzige Bedingungen: er oder sie muss schwimmen können und wöchentlich einen Blog während dieser Zeit schreiben.

Dabei ist nicht nur Kost und Logis umsonst, sondern man erhält zusätzlich ein Gehalt.

Die Aktion hat gigantische Wellen geschlagen und ist ein vorzügliches Beispiel, von welchem Kaliber die wirklich großen Ideen heute sind.

Nicht dieses klein klein denken, sondern die richtig spektakulären Konzeptgedanken sind gefragt. So spektakulär, dass sich die Kampagne verselbständigt.

Eine Idee der "Marke Zukunft". Eine Networking Idea, wie wir gerne sagen, weil sie sich in viele Medienkanäle tragen lässt.

Ich bin neidisch.

Tipp 97: Wer sich mit Werbung nicht wohlfühlt, sollte sich fragen, ob er sich auch mit Kreativität nicht wohlfühlt.




Trailer zu der Aktion "Islandcaretaker" vom Tourismusverband Queensland. Entwickelt von der australischen PR-Agentur Hills Balfour Synergy.

5 Kommentare:

Texterhäschen hat gesagt…

das wird ein längerer Kommentar.

also, ich bin Texter, aber kein Werbetexter, obwohl ich mich lang genug theoretisch und praktisch mit Sprache in der Werbung auseinandergesetzt hab. Der Werbesprache stehe ich dieser Tage etwas misstrauisch gegenüber. Manchmal kommt es mir so vor, als ob schon alles irgendwie von irgendwem gesagt, beworben, angepriesen oder hochgelobt worden wäre. Das ist natürlich rein subjektiv zu verstehen, doch ich wünsche mir bei der Werbesprache manchmal einen Umbruch. Mag durchaus sein, dass aus der Reizüberflutung resultiert. Momentan ist das eben so. Is mir schon klar, dass diese Ansicht womöglich etwas naiv ist, ändert sich aber vielleicht auch wieder.

So extrem wie Ernst Jandl würde ich nicht an der Sprache experimentieren wollen, aber es geht schon in diese Richtung.




Mittelfristig möchte ich gerne wenigstens einmal als Ghostwriter tätig sein. Anderen Leuten die Abschlussarbeit zu schreiben, das ist dabei definitiv nicht das Ziel.

Ich würde gerne jemanden dabei unterstützen, seine/ihre Memoiren zu schreiben. Ein Mensch, der über viel Lebenserfahrung verfügt, kann mir vielleicht viel beibringen. Ich fände das sehr spannend, für eine Weile sehr intensiv in das Leben oder ein Stück weit auch in die Seele eines anderen einzutauchen und dessen Geschichte aufzuschreiben. Die Chemie zwischen den Beteiligten ist da natürlich immens wichtig.

Das kann man aber wohl nicht allzu oft machen. Habe mir sagen lassen, dass erfahrene Ghostwriter pro Jahr nur ein derartiges Projekt in Angriff nehmen, um danach auch wieder genug Zeit zu haben, zu sich selbst zurückzukehren.

Langfristig gesehen möchte ich vielleicht ein Hörspiel verfassen. Das Wissen dazu fehlt mir noch, aber das lässt man wohl erlernen.

Ich habe 2007 versuchsweise damit angefangen, einen Groschenroman zu schreiben, einfach um mal zu sehen, ob ich das kann. Wollte mir ein zusätzliches Standbein verschaffen. Das Texten war dabei nicht das Problem. Den Figuren habe ich mit Hilfe von Karteikarten eine Lebensgeschichte und eine Persönlichkeitsskizze entworfen. Dann konnte ich dabei zusehen, wie sich unter meinen Händen ein eigener Wille der Figuren entwickelte. Das war eine sehr spannende Erfahrung. Allerdings habe ich festgestellt, dass ich anfing in den Kategorien dieser Groschenromane und der dazugehörigen Welt zu denken. Daher hab ich damit wieder aufgehört.

Zum Thema Kreativität. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich die Kreativität vielleicht mit einer anspruchsvollen Geliebten vergleichen. Sie muss gehegt und gepflegt werden, braucht regelmäßigen Input. Ideen kommen nicht aus dem Nichts.

Ich liebe das, wenn beim Schreiben die Worte irgendwo in mir gedacht und die Sätze formuliert werden und ich das Ergebnis dann nur noch aufschreiben muss. Da steckt natürlich eine Menge Vorarbeit drin. Allerdings gibt es auch Momente, wo ich diesen Zustand, dieses alles "flutscht" bzw. alles ist m Fließen, nicht so einfach erreiche. Und die Texte, die dabei herauskommen, sind schon lesbar, aber man merkt ihnen den Mangel an Herz & Seele einfach an.

Kreative werden m.E. immer noch irgendwie beneidet, vor allem, wenn diese auch einem kreativen Beruf nachgehen. Im Grunde ist doch jeder Mensch kreativ. Kinderseelen sind voll von Kreativität.
Im Erwachsenenalter hört das doch nicht auf. Subjektiv würd ich sagen, der Mensch ist solang kreativ, wie er lebt. Oder andersherum: Nur wer kreativ ist, ist noch am Leben.

Ne, ich meine damit nicht das Verfassen von Werbetexten.
In einem weiteren Sinne könnte man sagen, jede Hausfrau, die ein neues Kochrezept erfindet, ist kreativ. Jeder Bastler ist kreativ. Jeder Hobbymaler ist kreativ, jeder Hobbydichter auch. Mathematiker sind kreativ bei der Lösung ihrer Probleme. Jeder Ingenieur ist bei seiner Arbeit kreativ. Informatiker schaffen durch ihre Kreativität neue Software. Sogar die durchschnittliche Sekretärin verfügt m.E. über Kreativität.


Kreativ sein heißt ja nicht, dass dann auch gleich etwas preisgekröntes Herauskommen muss, aber ohne Kreativität käme keiner von uns durch den Alltag.
Deswegen finde ich diesen Neid auf Menschen mit "kreativen" Berufen manchmal einfach etwas überzogen.

jo, das nur so ein paar Ideen, die mir gerade so kamen.

Zschaler hat gesagt…

Natürlich besitzt jeder Mensch eine kreative Ader. Es kommt nur darauf an, ob er sie entdeckt. Und wenn ja, ob er etws aus ihr macht oder machen will.

Mit Worten kann man viele kreative Dinge machen. Eine davon ist Werbung.

Irgendwann musst du dich entscheiden, wo du deine Kreativität hinlenkst und sie herausforderst. Ob mit Küchenrezepten oder mit Werbekampagnen.

Eines ist entscheidend. Man kann eine bestimmten Bereich nur dann mit seinen Ideen nach vorne bringen, wenn man sich intensiv mit ihm auseinandersetzt.

Alles andere sind Glückstreffer.

Anonym hat gesagt…

Von mir nur ein kurzer Kommentar mangels Zeit, also wenn es da einer Rechtfertigung bedarf. "Nix raus aus der Werbung" findet wie alle Blog-Beiträge kluge, gehaltvolle Quintessenzen. Ich kenne so manchen "Aussteiger", mal freiwillig wegen Sinnkrisen, mal unfreiwillig wegen physischer Maleschen, weil schlicht ausgebrannt.

Ich möchte auf keinen Fall den Werbetext missen, könnte dies dezidiert begründen, aber wie jede Liebe ist auch diese vor allem irreal. Eine parallele Herausforderung habe ich in der politischen Bildung (parteienübergreifend) gefunden, u.a. als Dozentin für deutsche Geschichte, und so meinen Kindheitstraum von der Historikerin quasi durch die kalte Küche erfüllt.

Und was die manchmalige Sklavengaleere Werbung anbelangt, sage ich mir immer, dass ja niemand je das Versprechen abgab, dass es Streichelzoo sei.

Ich freue mich auf die nächsten Beiträge, herzliche Grüße und Ahoi!

Anonym hat gesagt…

Ich finde schön, dass Du hier unterscheidest zwischen Werbung und Kunst. Es gibt nämlich viele Werber, die sich für Künstler halten. Das sind sie nicht. Kreative Dienstleister ist die richtige Bezeichnung. Klar, dass man als solcher davon träumt, echter Künstler zu werden. Wie Du richtig sagst, schaffen diesen Schritt auch einige. Dass man generell Werbung als Sprungbrett in die Kunst sehen kann, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Dazu bewegt sich Werbungs-Kreation dann doch in zu engen Bahnen. Es gibt sicher Menschen, die würden sogar sagen, der kommerzielle Zweck der Werbung eliminiert jeglichen künstlerischen Anspruch. Aber das würde meiner Meinung nach zu weit gehen. Ich finde, Werbung ist eine völlig eigene Kunst-Gattung. Allerdings eine, die immer den faden Beigeschmack der Manipulation in sich trägt.

Texterhäschen hat gesagt…

@Der Suchende: da hast Du verdammt recht, ohne zielgerichtete und gebündelte Kreativität geht es nicht.