Hans-Peter Feldmann. |
Ein Mann spricht Frauen auf der Straße an, ob er ihnen ihre Handtasche samt Inhalt abkaufen darf. Das Geld und die Kreditkarten dürfen sie behalten. Letztere beide möchte er nur kopieren. Dafür bietet er 500 Euro.
11 Frauen konnte er dazu überreden.
Ist der Mann ein Agenturkreativer, der sich die neue Kampagne für eine Versicherung ausgedacht hat?
Es ist der Künstler Hans-Peter Feldmann. Er präsentiert den Inhalt der Handtaschen in Glasvitrinen. Ordentlich sortiert und aufgereiht.
Warum ist das Kunst?
Ihr könnt Euch noch bis zum 2. Juni 2013 in den Hamburger Deichtorhallen selbst eine Antwort auf die Frage geben.
In den Worten der Deichtorhallen-Kuratoren klingt das so: Feldmann überwindet die scheinbare Kluft zwischen Kunst und Alltag und taucht Vorgefundenes aus der trivialen Welt bis hin zu Amateurfotos, Spielzeug und Nippes in ein poetisches, persönliches Licht.
Pathetische Erklärungs-Soße.
Doch um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ich bin ein großer Fan von dieser konzeptionell getriebenen Objektkunst. Sie inspiriert mich sehr viel mehr als ganz abstrakte Kunst, deren Sinn oder Aussage ich stundenlang suchen muss. Wen wundert's, auch ich suche oft nach Konzepten, um Botschaften zu vermitteln. In Ausstellungen wie dieser finde ich die vermeintliche Leichtigkeit des kreativ seins und beneide natürlich das Briefing freie Arbeiten des Künstlers. Das motiviert.
Hans-Peter Feldmann erklärt sich in einem Zeit-Interview so: Ich habe es gern einfach. Der Zeit-Autor kommt zu der schönen Erkenntnis, dass Feldmann ein Künstler nicht sein will. Jedenfalls keiner dieser Spezialisten für das Abgehobene und Verwickelte, kein Bedeutungshuber, der sich immerzu um seinen Ruhm sorgt. Also nichts für Leute wie Amir Kassaei.
Aber zurück zur Frage.
Warum sind die Handtaschen-Inhalte Kunst? Oder ein Hammer, der ein maßgeschneidertes selbstgehäkeltes Mäntelchen trägt? Oder Portraits von alten Meistern, die zum schielen gebracht werden?
Es ist – wieder mal – die Konsequenz.
Es ist – wieder mal – die Konsequenz.
Ich male mir das schöne Bild von dem Glauben, dass viele Künstler nicht an Kommerz denken, wenn sie ihre Werke entwerfen. Sie machen es aus Leidenschaft. Und ziehen ihr Ding durch.
Kunst aus Leidenschaft kann zum Erfolg führen, tut es in den meisten Fällen aber nicht. Hans-Peter Feldmann verkauft immer noch antike Gegenstände im Laden seiner Frau. Selbst den Hugo-Boss-Preis 2010 des Guggenheim-Museums in Höhe von 100.000 Dollar hat er zu Kunst gemacht und, Banknote für Banknote, im selbigen Museum aufgehängt.
Es macht ihm Spaß, sich auf diese Weise zu verwirklichen und seine Botschaften in die Welt zu tragen. Der Mann ist um die 70 Jahre.
Also, keine Macht den Drogen: Spaß am Kreativ sein ist die wichtigste Voraussetzung, um kreativ zu bleiben.
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