Sonntag, 9. November 2008

Plakatguerilla.

Meistens tauchen sie hinten im Präsentations-Büchlein unter Sonderideen auf. Oft sollen sie das Alibi der Agentur, auch „kreative Mediaideen“ zu beherrschen, bestätigen. 99% kommt aber über die Rolle des Präsentations-Gags nicht hinaus.

Ich rede von plakativen Sonderformaten.

Mit diesen medialen Erscheinungen draußen am Straßenrand will ich den Beitragsblock „Plakat“ abschließen.

Was gab es nicht schon alles für 3D-Ideen: ein halbes Auto, das an einem Plakat angebracht wurde, ein kleines Wohnzimmer, usw.

Die Grenze zwischen einen klassischen Plakat und einer Guerilla-Aktion ist dabei fließend.

Ein 3D-Plakat ist faszinierend, doch verkennen viele Kreative, dass es sehr viel Mühe macht, so eine Billboard-Inszenierung auf die Beine zu stellen. Die Agentur muss sich mit dem Plakatvermittler auseinandersetzen und einige logistische Bedenkenträger aus der Welt schaffen, bevor sie ihrem Ziel näher kommt. Dann muss man die Produktion des Plakates organisieren, die so manchen Kostenrahmen sprengt und beim Kunden schließlich für Ablehnung sorgt.

Hat man sich aber über all diese ganzen Hindernisse hinweg gesetzt, schafft man einen sehr individuellen Werbeträger, der für Aufmerksamkeit sorgt.

Wer hat nicht über Oliver Kahn gelesen, als er vor der Fußball-WM in Deutschland seinen plakativen Hechtsprung über die Autobahn am Münchener Flughafen gemacht hat.

Ich kann mir die Summe der Bedenken, die da ausgeräumt werden mussten, lebhaft vorstellen. Allein mit dem Straßenbauamt (oder so) wird man viel diskutiert haben. Aber es wurde durchgesetzt. Brillant.

Ein Format, dass mir in kreativen Abstimmungen immer wieder mal vorgelegt wird, sind Ideen über zwei oder drei Plakatstellen nebeneinander.

Ich habe mir beim Betrachten dieser Plakatserien eine gewisse Resignation zugelegt (auch nicht gut), weil wir in der Vergangenheit allzu oft erleben mussten, dass es schlichtweg nicht möglich ist, drei Stellen nebeneinander zu buchen, weil irgendeine dieser drei Stellen von einem anderen Werbungtreibenden schon belegt wurde.

Wenn man es schafft, dann meistens an Orten, wo keine Sau hinkommt – Schlachthof Nord oder so. Weshalb man die Stellen auch angeboten bekommt.

Oder aber man muss ein Jahr im voraus buchen, doch welcher Kunde macht das?

Mein Beispiel unten hat diese Schwierigkeiten alle überwunden und dazu noch eine wundervolle Idee realisiert.

Gerade eben rief mich ein Freund an und erzählte mir, dass er am Dienstag, dem Wahlabend, in New York weilte.

Und hat mir von einer gigantischen Wahl-Inszenierung berichtet.

In der Demokratenhochburg NYC wurde das Rockefeller Center Hochhaus blau und rot angestrahlt, jeweils in den beiden Farben der politischen Parteien, die um den Einzug in das Weiße Haus kämpfen.

Was ich aber wirklich als gelungene 3D-Idee empfandfand, dass man aus zwei Fensterputzer-Aufzügen (einer blau, einer rot) außen am Gebäude ein Wahlbarometer kreiert hat.

Wenn einer der Aufzüge ein gewisses Stockwerk erreicht hat, war klar, welcher Kandidat den Wahlsieg errungen hat.

Ein Beispiel, dass wieder mal zeigt, was die Amerikaner perfekt beherrschen: sich selbst zu inszenieren und geschichtsträchtige Momente zu kreieren.

Wirklich schöne Guerilla-Idee. Hat mit Plakat zwar nichts zu tun, aber ist draußen und auch irgendwie 3D. Wir wollen heute mal nicht so engstirnig sein.

Ich werde gleich bei Flickr nach einem Bild des Rockefeller Centers am Wahlabend suchen. Wenn es unten auftaucht, hab ich es gefunden.

Im übrigen stelle ich beim Durchlesen gerade fest, dass ich schon bessere Beiträge geschrieben habe. Aber es ist Sonntag. Und ich bin etwas müde.

Seht es mir nach. Schönes Restwochenende.

Tipp 48: Bei Plakaten nicht immer nur so eindimensional denken.




Plakatguerilla gegen zu schnelles Fahren im Rodney District irgendwo in Neuseeland: Das Leben läuft noch mal in Bildern an allen vorbei, die die Stellen mit dem Auto passieren, bis sie am Ende auf die Botschaft treffen:

Slow down. Don't let your life flash before you.


Agentur: Saatchi & Saatchi Neuseeland.



3D-Guerilla am Rockefeller Center in New York City am Wahlabend.

Zwei Aufzüge der Fensterputzer wurden zu einem Wahlbarometer umfunktioniert. Wer die Marke 270 zuerst erreicht, hat die Wahl gewonnen.

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