Dienstag, 28. Oktober 2014

Neue Begriffe für ein uraltes Prinzip.

Unter dieser Überschrift erschien in der letzten FAZ am Sonntag (26.10.2014) anlässlich der Effie Verleihung folgender Artikel von mir:

Werbung scheint endgültig ausgedient zu haben. Immer weniger Werbeagenturen nennen sich Werbeagentur. Sie heißen jetzt Kommunikationsagentur. Oder Ideenagentur. Oder Projektagentur. Auch der GWA, der Verband aller führenden deutschen Agenturen, hat vor Jahren sein W – ursprünglich für Werbeagenturen – in Kommunikationsagenturen uminterpretiert. 

Mittlerweile verkünden einige Spezialisten der Branche, dass sie nicht mehr Kommunikationslösungen entwickeln, sondern Content: Marken müssten heutzutage attraktive Geschichten präsentieren, damit sich Menschen für sie interessieren und die Inhalte in ihre Netzwerke weiterleiten. 

Eine Marke möchte sich mit Inhalten ins Bewusstsein ihrer Kunden bringen. Was ist das? Sie können mich Meister Proper nennen, aber für mich ist das Werbung. Warum also dieser radikale Begriffswandel? 

Götz W. Werner, Gründer der dm Drogeriemärkte, liefert in seiner jüngst erschienen Autobiographie eine entwaffnend einfache Erklärung: „Ich bin ein Begriffsfetischist (...) Ich habe die feste Überzeugung, ein großes Unternehmen kann man nur über Begriffe führen (...) Begriffe sind Ideen. Wer die Welt verändern will, muss neue Begriffe finden. Deswegen heißen Begriffe nämlich Begriffe –, womit wir die Welt begreifen“. 

Endlich wissen wir es. Große Veränderungen erzielt man nur über starke Begriffe. Nicht nur in Unternehmen, auch in Branchen. Aus diesem Grund wählen Agenturen innovative Schlagworte für ihr Angebot. Sie wollen den Kunden signalisieren, wir sind bereit für alle kommenden Herausforderungen. So weit, so legitim. 

Aber trotz neuer Begriffe ist unsere Aufgabe die gleiche geblieben. Wir wollen mit Kommunikation den kommerziellen Erfolg von Unternehmen steigern. Unsere Kunden investieren nur deshalb in unsere kreativen Fähigkeiten, um ihre KPIs zu erfüllen, ihre Key Performance Indicators. Oder in meiner Meister Proper Sprache: Wachstum generieren, Umsatz steigern. 

Leider ist durch die digitale Medienexplosion das Vorhaben, seine Zielgruppen zu erreichen, deutlich schwerer geworden. Die Erfolge sind bei gleichen oder gar sinkenden Budgets nicht mehr so einfach zu planen wie früher. Vielleicht ein Grund, warum der Glaube vieler Marketingentscheider in Kommunikationsmaßnahmen sinkt. Eine fatale Entwicklung. Je komplizierter und fraktaler nämlich die Medienlandschaft wird, desto intensiver und kreativer müssen Strategien und Konzepte entwickelt und ausgewählt werden. Das bedeutet eher mehr als weniger Aufwand. 

Durch den wirtschaftlichen Druck allerorten bewerten aber nicht mehr nur Marketingleute den Wert unserer Arbeit, sondern auch Einkäufer. Was wiederum den Zugzwang in Agenturen verschärft, Nachweise für die Leistung ihrer Arbeit zu bringen. Wie schön also, das es den Effie gibt. Dieser Wettbewerb ist so ein Nachweis. Das Grundprinzip ist einfach erklärt: mit möglichst wenig Budget viel Wirkung erzielen. Ich bin überzeugt, dass in diesem Satz die pure Daseinsberechtigung von Agenturen steckt (oder wie immer sie heute heißen). 

Ein Beispiel. Seit 13 Jahren betreuen wir Škoda in Deutschland. Wir haben diese ganze Zeit mit deutlich weniger Mediabudget als die Konkurrenz gearbeitet. Dennoch ist Škoda seit 5 Jahren Importmarke Nummer 1. Wie hat die Marke das geschafft? Durch gute Produkte. Und durch kontinuierliche Kommunikation. 

Die Marke hat sehr viel Wert darauf gelegt, sich immer auf Augenhöhe mit seinen Kunden zu begeben. Die Menschen wurden nie von oben herab behandelt, sie wurden nicht provoziert und sie wurden auch nicht angeschrien. Es ist unser permanentes Bemühen, die Bedürfnisse der Kunden – im zeitlichen Kontext – immer so gut wie möglich zu verstehen und daraus relevante Insights abzuleiten. 

Škoda hatte nach dem Mauerfall eigentlich nie ein Produktproblem. Die Verstandsfaktoren (Qualität, Auswahl, Preis) wurden von den Kunden nie in Frage gestellt. Bei den Bauchfaktoren bestand und besteht die Herausforderung (Bekanntheit, Sympathie, Vertrauen). Aus diesem Grund hat die Marke beharrlich daran gearbeitet, mit eigenständigen Botschaften zu einzelnen Modellen, aber unter einem konsistenten Markendach (Simply Clever), diese Bauchfaktoren zu stärken. Nicht umsonst ist Škoda zum wiederholten Male unter den Finalisten des Effie. 

Dieses Beispiel zeigt: ohne Investition in schlaue Kommunikation entsteht keine starke Marke. Ohne starke Marke entsteht kein Wachstum. Ohne Wachstum hat jeder Marketingchef Stress. Und mit ihm seine Agentur. Ich glaube an die bessere Idee. Sparen Sie nicht zu sehr an ihr herum. Sie bezahlen sonst an anderer Stelle richtig drauf.