Mittwoch, 7. Mai 2014

50 Jahre ADC. 50 Jahre Karriereturbo.

Wieder eine Talking Head Kolumne, die heute auf Horizont.net veröffentlicht wurde.

Kreativ-Inzucht, Fake-Förderung, Jurymauscheleien, Selbstbedienungsmentalität, wirtschaftlich irrelevant – was wurde dem Club nicht schon so alles vor die Füße geworfen. Doch viele seiner Kritiker haben vom Club profitiert. Es wird Zeit, sich dafür mal beim ADC zu bedanken. Und seinen eigentlich größten Verdienst in den Vordergrund zu stellen: das Karrieresprungbrett. 

Hätten Agenturen wie GGK, Springer & Jacoby, Jung von Matt oder Heimat (um nur mal vier der renommiertesten Beispiele zu nennen) so viel deutsche Kreativgeschichte geschrieben, wenn es den ADC nicht gäbe? Würden ihre vielfach ausgezeichneten Protagonisten das kreative Renommé besitzen, welches sie heute genießen? Und hätten sie ohne den ADC all die wirtschaftlichen Erfolge feiern können, die ihr kreativer Top-Nimbus mit sich brachte?
Ich glaube nicht.

Das Kernprodukt des ADC ist sein Wettbewerb. Der Wettbewerb zeichnet einmal im Jahr die besten kreativen Arbeiten des Landes aus. Diese Arbeiten werden in mittlerweile 13 Kategorien von verschiedenen Jurys gewählt. Jurys, die aus den Mitgliedern des ADC rekrutiert werden. Der Wettbewerb ist die Zuspitzung und Dokumentation der ADC-Mission. Die in kurzen Worten ungefähr so lautet: außergewöhnliche Ideen fördern und den Nachwuchs für die kreativen Berufe in der Kommunikation begeistern.

Ein Ansinnen, gegen das eigentlich kein Mensch irgendetwas haben kann. Schon gar nicht die deutsche Wirtschaft, um deren Gunst der ADC immer wieder buhlen muss. Schon gar nicht in Zeiten wie diesen, in der es – wie nie zuvor – auf starke Ideen und Innovationen ankommt, um sich vom Rest der Welt abzuheben.

Kein Wunder also, dass alle Personen beachtet, gesucht, gejagt oder befördert werden, die da jährlich in den sogenannten Credits (neudeutsch für Namensverzeichnis) unter den goldenen, silbernen oder bronzenen Nägel stehen. Sie sind Pflichtlektüre für Headhunter und Personalmanager.

Aber auch die Rankings, die Agenturen mit den am meisten ausgezeichneten Arbeiten listen, werden von Kunden, Pitch-Beratern und Medien regelmäßig beobachtet und ausgewertet.

Doch in der Reduzierung auf seinen Wettbewerb liegt vielleicht auch das Hauptproblem des ADC. Weil sein Wettbewerb der Image- und Karriereturbo für Kreative und für Agenturen ist, wird er inzwischen schamlos missbraucht und nährt den Ruf des Clubs als kreative Selbstbefriedigungstruppe.

Wie kommt das?

Was in der Leichtathletik das Doping, ist bei Kreativwettbewerben das „faken“. Es ist diese selbstzerstörerische Kraft, mit der einige Agenturen und Kreative die Wettbewerbe nutzen, um im Ranking möglichst weit nach oben zu klettern.

Das führt dazu, dass Agenturen für soziale Einrichtungen kostenlose Kampagnen machen, ohne wirklich an deren Sache interessiert zu sein (sonst würden sie ja mehr als eine Idee dafür entwickeln). Sie entwerfen unentgeltlich Ideen für Kunden, die nicht ihre Kunden sind. Oder sie gestalten Ideen, die gar nicht realistisch oder praktikabel sind, aber in geschickt gemachten Case-Filmen so aussehen als ob.

Ich bin immer wieder total erstaunt über die Ruchlosigkeit und den finanziellen Aufwand von Kollegen, mit der Ideen ausschließlich für Wettbewerbszwecke erstellt werden. Die kreative Eitelkeit scheint das eigene Schamgefühl komplett in die Ecke zu drängen. Sonst würden sie nicht mit dieser gnadenlosen Fake-Sucht ihr Agenturmarketing betreiben. Und mit dafür sorgen, dass unsere Ideen mehr und mehr zum kostenlosen Mitnahmeartikel für Kunden werden.

Es ist leider sein Los, dass eher der Club als Plattform für Fakes von den Medien an den Pranger gestellt wird als die Macher eben solcher.

Und trotzdem! Ich halte den ADC für eine unersetzbare Institution in Deutschland. Aus einem ganz wichtigen Grund: Der ADC fördert die kreative Ambition. Ohne Ambition gibt es keine Innovation. Und ohne Innovation gibt es keinen Erfolg. Selbst Fakes wecken die Ambition von anderen Kreativen, Ideen zu realisieren, die echte Probleme lösen.
Deshalb sollte sich der ADC mehr denn je auf sein Kernprodukt konzentrieren: den Wettbewerb. Nur wenn der Wettbewerb wirklich innovative wie relevante Cases zu Tage fördert, steigt auch das Interesse der Wirtschaft.

Das schafft der Club jedoch nur, wenn er sich intensiver um die Qualität der Mitglieder und die Qualität der Jurys kümmert. Ich hätte gegen härtere Aufnahmekriterien und härtere Jurys mit dem Ergebnis, dass viel weniger Nägel dabei herauskommen, nichts einzuwenden.
Nur so kann der ADC es schaffen, wieder für „Erfolg durch Innovationen“ zu stehen. Und die Macher dahinter in den Fokus rücken. Vielleicht eine Botschaft, die wir vor der Wirtschaft wieder mehr stressen sollten: Es geht beim ADC nicht nur um ausgezeichneten Ideen. Sondern auch um die Menschen dahinter.

In diesem Sinne: Lieber ADC, herzlichen Dank für 50 Jahre Förderung und Ehrung von tausenden von Kreativen. Inklusive meiner selbst. Ohne dich wären meine kreativen Ambitionen nicht so stark geweckt worden, wie sie geweckt worden sind. Ohne dich hätte ich bestimmt nicht so viele Beförderungen oder Joboptionen in meinem Berufsleben erhalten. Und ohne dich hätten viele meiner Kunden nicht so hervorragende Ideen bekommen.

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