Sonntag, 27. Oktober 2013

Der sozial-mediale Kreativfilter.

Ich habe noch nie so viel gute und kreative Werbung gesehen wie in den letzten – gefühlt – 3 Jahren. So viel wie noch nie in meinem Werber-Leben.

Der Grund sind die sozialen Medien, in denen ich mich bewege. Meine Freunde und Follower zeigen fast im Stundentakt die Preziosen der weltweiten Kommunikation. Sicher hat das mit meinem Freundeskreis zu tun, der eine höhere Affinität zu Kommunikation besitzt als Nicht-Werber. 

Aber wir wissen, dass auch Nicht-Werber ungewöhnliche Kommunikation posten, um sich selbst damit interessant zu machen. Die Kausalität ist einfach herzustellen: Nur das Stück Kommunikation, das wirklich ungewöhnlich scheint, wird in den Status gestellt.

Bedeutet: Facebook fördert kreative und mutige Werbung. Wie auch Twitter. Und Google+. YouTube sowieso. Ich bin geneigt zu sagen, dass die sozialen Medien gar den kreativen Anspruch der klassischen Werbung heben.

Der Druck auf klassische Werbemittel, besonders TV-Spots, wird durch den Word-of-Mouth-Faktor größer. Vorstände sehen, wie viel Zeit ihre Kinder in den sozialen Medien verbringen und denken plötzlich darüber nach, warum die Werbung ihres Unternehmens kein Like erhält.

Viele Marketing-Manager sehen sich inzwischen mit der Forderung konfrontiert, nicht mehr doppelt zu fahren. Hier den klassischen TV-Spot, der – sagen wir mal – nicht anecken darf, da der virale Spot, der anecken soll, damit er geliked wird.

Sie sehen sich gezwungen, Kommunikation zu produzieren, die beides schafft.

Heißa! Was für eine Herausforderung.

Und es wird nicht einfacher. Mein Kreativfilter SM sorgt zusätzlich dafür, dass ich noch nie so viel katastrophales Zeug gesehen habe. Weil natürlich auch jede 
kommunikative Peinlichkeit mit großer Schadenfreude an den Pinnwänden dieser Welt verrissen wird. 

Doch es darf uns Kreative ermutigen, dass viel mehr gute als schlechte Kreation durch den Orbit geschickt wird. Leider kommen die wenigsten guten Beispiele aus Deutschland. 

Ein Grund: Vielen Entscheidern fehlt das nötige Verständnis dafür, was es braucht, um Kommunikation in den sozial-medialen Freundeskreisen zur WOM-Bombe zu machen. Damit einhergehend fehlt das Verständnis für ein entsprechendes Seeding-Budget. Virale Knaller finden nur deshalb den Weg an unsere Pinnwände, weil sie von Profis vorher in den dafür nötigen Blogs und Foren platziert wurden.

Die Markenverantwortlichen sind leider selbst nicht in den betreffenden Medien unterwegs und beschäftigen sich zu wenig damit. 
Nur weil sie auf FB oder Twitter angemeldet sind, heisst das nicht, dass sie diese Medien verstehen.

Der Markenberater Alexander Ellhof hat auf dem Blog seiner Website "Dritte Kraft" einen spannenden Beitrag verfasst, dass der WOM-Faktor zukünftig ein sinnvolles Messinstrument sein könnte, um die Effizienz von Kreation zu erkennen.

Allerdings wissen wir auch, dass die große Mehrheit der SM-User stumm ist und die Voyeur-Funktion bevorzugt. Sie verteilen kein "Like", auch wenn ihnen etwas gefällt und sie die Marke dafür mögen.

Mein Lieblingswerk der vergangenen Wochen kommt aus Spanien. Ich finde es berührend, habe es aber weder geliked noch gepostet. Immerhin, YouTube hat ein View mehr.

Trotzdem steigt mein Respekt vor der Marke an, obwohl ich die aktuelle deutsche Kommunikation fad finde.

Ein stummes Like. Immer noch schwer zu messen.

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