Donnerstag, 14. Februar 2013

Klagen statt seeden.

Sex im Fernsehen kennt heutzutage nun wirklich keine Tabus mehr. Und auch im Internet gibt es durch die einschlägigen Pornosites wenig Körperfläche, die nicht in jeder erdenklichen Perspektive und Erregung für alle zugänglich ist. Auch für Jugendliche.

Umso merkwürdiger mutet es an, wenn ein Werbefilm vom Sender genommen werden muss, der vergleichsweise einfühlsam und – für meinen Geschmack – sehr sinnlich ist. 
Auch von Genitalien ist in dem Streifen weit und breit keine Spur.

Parfum-, Kosmetik- und Modewerbung hat bekanntlich ihre eigenen Kreations-Regeln. 99% aller Hersteller befolgen sie. Die eine. Oder die andere.

Regel 1: Produkt groß. Logo groß. Vorzugsweise drunter oder drüber. Keine Headline. Keine Idee.

Regel 2: Testimonial groß (Fotomodell, Paar oder Promi). Logo groß. Keine Headline. Keine Idee.

Chanel geht in dieser Beziehung andere Wege. Zumindest ab und zu.

Vor über 20 Jahren hat die Marke mit einem Film für das Männerparfum Egoiste alles abgeräumt, was es damals abzuräumen gab. Ich finde den Film noch heute richtig gut. 


Vielleicht haben sie die Marketingverantwortlichen an die Zugkraft dieses Filmes erinnert, als sie dieser Tage nun für das Chanel Parfum Mademoiselle einen neuen Spot mit der Schauspielerin Kira Knightley produziert haben, der – auch wieder für meinen Geschmack – Klasse hat und großes Kino ist. Sogar ein bisschen Idee ist mit drin.

Der Film ist Werbung, die Stil hat.


Laut Pressebericht wurde das Werk in England während des Animationsfilmes Ice Age 2 im Fernsehen geschaltet. Was zu einer Klage eines Elternpaar führte, welches sein Kind durch den Spot gefährdet sieht. Und es führte zu: bingo! PR all over the world.

Vielleicht stimmt das genau so. Ich meine die Nummer mit den Eltern und der Sorge um ihr Kind.

Aber natürlich gefällt Kreativen der Gedanke, dass es Kalkül ist. Einfach eine gelungene virale Aktion: statt einer Seeding-Agentur, die den Film im Internet verbreiten hilft, engagiert man einen Anwalt und ggf. besagtes Ehepaar – und lanciert die Klage an einschlägige Pressevertreter weltweit. Und die Klatschpresse übernimmt das Seeding.

Schon jetzt hat der Film 600.000 Views. In ein paar Tagen werden das sicher Millionen sein.

Klagen statt seeden. 

Vielleicht schon bald eine neue Wettbewerbs-Kategorie?