Mittwoch, 24. November 2010

Das Manager-Magazin-Kranking.

Es ist wieder erschienen. Das Ranking aller deutschen Rankings. Das Ranking, auf welches viele Agenturchefs verkrampft schielen. Für das die Kreativen, aber erst recht die Berater unter den Agenturmanagern nicht nur die eigenen beiden Augen, sondern auch noch die ihres Controllers zudrücken.

Es ist das Ranking des Manager Magazins (jüngste Ausgabe 12/10 ab Seite 56).

Im Gegensatz zu all den anderen Kreativrankings der üblichen Kommunikations-Publikationen wird dieses Ranking von einer Zeitschrift erstellt, die nicht nur die Entscheider-Hänschen erreicht, sondern auch den Hans. Den wichtigsten Hans. Den für Agenturen meistens nie greifbaren Hans.

Eben einfach deeeeeen Hans.

Oder den Josef. Oder den Walter. Oder den Martin.

Dieses Ranking als Agenturchef in die Kritik zu nehmen, ist schon ein kleines Wagnis. Schließlich ist das Manager Magazin nicht irgendeine Unternehmerpostille, sondern das bevorzugte Monatsblatt von Vorständen, Geschäftsführern und Inhabern.

Also von Menschen, die die Entscheidung für oder gegen eine Agentur – oder zumindest für oder gegen die Verteilung der Kommunikationsbudgets – treffen.

Der Typ Jungs oder Mädels, der gerne mal auf dem Golfplatz oder der Skipiste von den Manager-Kollegen auf seine Werbung angesprochen wird (bzw. werden will). Und der auf die Frage, wer denn seine Werbung mache, nicht einen Agenturnamen nennen möchte, den keine Sau kennt.

Da kann es einer Agentur natürlich in der Wertschätzung helfen, wenn man in der Manager-Regenbogenpresse eine Nummer ist. Am besten eine Nummer unter den ersten zehn.

Zu hinterfragen, wie diese Tabelle zustande kommt und ob sie so Sinn macht, ist nun wirklich nicht Aufgabe dieser Vorstände, schließlich haben sie dann doch Besseres zu tun als sich so intensiv mit Werbung auseinander zu setzen.

Kurz einmal das jährliche Ranking überfliegen, sich die Namen ansehen und im Idealfall bestätigt fühlen.

Genau dafür hat man ja so ein MM – immerhin ein Schwesterblatt des unantastbaren Spiegels. Wenn die Recherchekünstler es nicht wissen, wer dann?

Der von dieser Ranking-Thematik unbehelligte Leser mag so langsam die Brisanz der Veröffentlichung spüren. Und natürlich setzt man sich als Chef einer Agentur, dessen Laden noch kein einziges Mal im Ranking aufgetaucht ist (so einer wie ich), unweigerlich dem Vorwurf aus, nur rumzukritteln, weil man nicht kreativ genug ist, um in diesem Kreativindex aufzutauchen.

Doch die Branchen-Profis wissen, dass dieser Kreativindex wenig mit Kreativität zu tun hat.

Er hat dagegen sehr viel zu tun mit Geld (Einsendegebühren für die ganzen Awardshows und die Kosten für die ganzen Fakes, die extra für Wettbewerbe produziert werden), mit Gnadenlosigkeit (nämlich seine Leute zu "motivieren", neben der Alltagsarbeit permanent Goldideen und Überstunden zu produzieren) und mit Eitelkeit (wir wollen da rein).

Auch ich bekenne mich da der teilweisen Mittäterschaft für schuldig. Der Agentur-Marketingeffekt von Awards ist auch bei uns immer wieder ein Thema.

Hier im Detail aufzudröseln, wieviel Punkte des Rankings mit extra nur fürs Ranking produzierter Kreativ-Ware erzielt wurden und wie viel davon echte Auftragsarbeit war, ist natürlich nicht mehr zeitgemäß. Diese Diskussion haben wir eigentlich schon längst hinter uns gelassen.

Es darf aber verwundern, das gerade eine Publikation wie das Manager Magazin sich seit Jahren unkritisch vor diesen – durch Fälschungen geprägten – Awardkarren spannt. Müsste man doch von so einem Magazin-Kaliber eher erwarten, dass es in diese Kreativ-Blase rein sticht.
 
Allein schon das Bewertungskriterium, das zu dem Index führt, entbehrt der Branchen-Logik.

Kann man noch nachvollziehen, dass der internationale Kreativ-Wettbewerb Nummer 1 (Cannes) mit 9 Punkten bewertet wird, versteht man kaum, warum die ebenfalls international höchst angesehenen "harten" Wettbewerbe wie D+AD (4) und One Show (2) so weit hinten rangieren.

Und warum gleichzeitig der deutsche ADC (8) mit seinem weniger strengen Umgang bei der Medaillenvergabe so hoch gewertet wird.

Um Gottes willen, nichts gegen den Wert des ADC. 8 Punkte ist ok, Doch D+AD und One Show hätten wenigstens verdient, auf gleicher Bewertungsebene zu liegen.

D+AD? One Show? ADC? Hä? Was? Bitte?

Eben!

Die wichtigen Hanse, Josefs, Walters oder Martins werden verständnislos den Kopf schütteln. Was ist das für ein Quatsch. Kenn ich nicht. Will ich nicht kennen. Wozu habe ich so ein Magazin?

Mit diesem unreflektierten Ranking fördert das vermeintlich objektive Meinungsbildner-Medium eine Wettbewerbsverzerrung, aber alle nehmen es hin. Vielleicht ist es einfach ein zu kreatives Wirtschafts-Wintermärchen, als dass man es zerstören möchte.

Ok, dann sei die Märchenstunde allen Beteiligten gegönnt. Ist ja bald Weihnachten.

Die Wahrheit in diesem MM-Artikel steht denn auch ganz am Schluss. Formuliert hat sie unser sozial-medialer Dampf-Plauderer Amir Kassaei:

„Das Einzige, was das Gewinnen von Kreativpreisen beweist, ist, dass man gut im Gewinnen von Kreativpreisen ist“.

Gut gebrüllt. Sehr gut gebrüllt.

Zu der ganzen Blase passt als krönender Abschluss, dass unter dem angegebenen Link manager-magazin.de/kreativindex ein "Dokument nicht gefunden" erscheint (zumindest heute, am Tag, als ich den Link geklickt habe).

16 Kommentare:

Fritz hat gesagt…

An der Eitelkeit kriegt man die Agenturen wie die Rechtsanwälte und die Friseure, die Filmschauspieler wie die Köche, die Banker und die Literaten sowieso. Jede Branche und jeder Beruf ist sein eigener Jahrmarkt der Eitelkeiten. Der Witz ist: Das Manager-Magazin möchte, dass die "Kreativbranche" mal das Manager-Magazin beachtet. Dafür opfert es 1 halbe Seite. Die Manager überblättern das. Die haben andere Sorgen. Sie hätten gerne Agenturen, die mehr klug und auf der Höhe ihrer Probleme sind als eitel und en vogue. Ob ihnen da jemand helfen kann?

Anonym hat gesagt…

Ich habe einmal das MM-Agenturkreativranking gerettet, so ungefähr vor 6 Jahren.

Da wollten wir wissen, wann das erscheint und haben beim Manager Magazin angerufen, und die waren gerade dabei zu überlegen, es nicht mehr zu machen: "Wir wollten den Platz mal für was anderes nutzen".

Ein kurzer Rundbrandbrief in den Hamburger Agenturen sorgte für viele aufgeregte Mails und Anrufe beim MM und das Ranking erschien doch - sagt einiges über die Relevanz des Rankings beim Magazin selbst.

Eine ganze Branche sollte sich nicht auf so wenig Basis stellen, was die Eigen-Reputation angeht.

Eine andere oder mehr Währung als Entscheidungs-Gewicht bei den Hansels der Wirtschaftsetagen wär vielleicht besser: Unser Euro ist nicht sehr hart.

Gebe Fritz recht, das MM hat die Werbung auch im Anzeigen-Eigeninteresse im Fokus (kleines Wortspiel).

Herrlich, der Jahrmarkt der Abhängigkeiten ist eröffnet. Da könnte man ja auch gleich die ganze Effi-Choose zusammenlegen.

Zschaler hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Zschaler hat gesagt…

@Fritz: Warum sollen Rechtsanwälte, Filmschauspieler oder Banker genau so eitel sein wie Werber, aber Manager nicht? Weiter täuscht du dich, dass sich CEOs nicht mit Kommunikation beschäftigen. In diesen Zeiten sogar mehr denn je, schließlich kann man Kommunikation als (neuer) Chef am schnellsten verändern und ihr seinen (persönlichen) Stempel aufdrücken. Und schließlich reden wir nicht von einer halben Seite, sondern von 4 Seiten Redaktion, mit Werbung sogar auf 3 Doppelseiten gestreckt. Sollte das Manager Magazin nun meinen, sich mit dieser Aktion den Goodwill der Branche zu sichern, dann mag das vielleicht auf die ersten 10 Agenturen des Rankings zutreffen. Der Rest der Agenturlandschaft reibt sich über so viel Insider-Ahnungslosigkeit nur verwundert die Augen. So naiv können die da an der Brandstwiete doch nicht sein.

Zschaler hat gesagt…

@Anonym14:11: Ich hoffe, den Brandbrief hast du nicht auch anonym verfasst :-)))

Florian K. hat gesagt…

Dein alter Texter Florian K. wars, damals bei S&J :-)

Amir Kassaei hat gesagt…

Das mit dem Dampf-Plauderer habe ich überlesen. Auch die Tatsache dass exakt das gleiche vor zwei jahren gesagt habe und als Vorstandssprecher des ADC mit der Initiative des deutschen Agenturindex dem
Ganzen ein Ende bereiten wollte, aber von den ADC Mitgliedern zurueckgepfiffen wurde. Auch von Dir. Also wer ist hier jetzt der Dampf-Plauderer? ;-)

Fritz hat gesagt…

@sz Stefan, ich täusche mich sicherlich immer ein bisschen. Aber ich habe auch geschrieben: "Sie hätten gerne Agenturen, die sind als eitel und en vogue." Das Werbegeld ist viel zu kostbar, um es einfach einer Agentur auszuhändigen, die gerade die Werber selbst für den heißesten Laden halten, weil sie schöne Sache fürs Stadttheater Dortmund gemacht haben. Da ist Amir mit seinem extraterrestrischen Mission-Future-Projekt schon näher dran an den Fragen, für die sich CEOs interessieren. Glaube ich.

Fritz hat gesagt…

Da fehlt ja das entscheidende Detail... "Sie hätten gerne Agenturen, die mehr klug und auf der Höhe ihrer Probleme sind als eitel und en vogue."

Zschaler hat gesagt…

@Amir: Ich war dagegen, weil dein Agenturindex – wenn ich mich recht erinnere – eher ein Unternehmensberatungindex werden sollte. Von einer Jury erstellt (große Klüngelgefahr).

Der jetztige MM-Index wäre für mich ok, würde er nicht an zwei Dingen kranken. Erstens, dass sich eine Agentur mit kreativem (Fake-)Geschick, viel Personeneinsatz und noch mehr Budget quasi einen Platz unter den ersten 10 "erkaufen" kann. Und zweitens, dass das Bewertungssystem in sich unschlüssig ist.

Ich selbst sehe mich übrigens eher als Dampf-Ablasser :-O

Amir Kassaei hat gesagt…

Der deutsche Agentur Index hat als Konzept agenturen qua wahrer Leistungsfähigkeit zu beurteilen und dazu gehoeren neben Errfolg bei Kreativwettbewerben einige andere Faktoren. Ob man dazu eine Jury braucht? Keine ahnung. Aber es ist der einzig richtige Weg um wieder ein wenig mehr Ssubstanz und aprofessionalität in eine Branche reinzubringen die immer noch sich von buzzword zu buzzword und von einer verderblichen Ware zu einer anderen Verderblichen Ware hangelt.

In diesem Zusammenhang wird auch die Neudefinition Kreativität notwendig sein. Aber das steht ja alles in meinem Programm vom ADC. Einige Baustellen sind schon in meiner Amtszeit bearbeitet worden: (Wettbewerbskonzept, Fachsektionen, erweiterung und einbindung von anderen Disziplinen der Kreativwirtschaft) andere sollten schleunigst angegangen werden, damit die kreativen Kommunikationsdienstleister sich selbst ad absurdum führen, wie gerade geschehen.

Dampf lasse ich in meinem Fall höchstens als Analogie für Leidenschaft zu. Wenn damit heisse luft gemeint ist, dann solltest Du dir andere verdiente Würdenträger suchen. ;-)

Zschaler hat gesagt…

Dampf ist eine Antriebskraft. Man kommt damit in jedem Fall weiter.

Anonym hat gesagt…

@Stefan: Mit Deiner Kritik am MM-Index im gestrigen Kommentar um 17:42 vermischst Du nun aber die Ebenen.

Dass das Bewertungssystem in sich unschlüssig ist, geschenkt. Aber das ließe sich schnell ändern.

Dann ist da Dein zweiter Punkt: dass eine Agentur sich quasi einen Rankingplatz "erkaufen" kann. Aber damit kritisiert Du nicht das Ranking, sondern die Kreativwettbewerbe. Denn dort findet der Kauf statt.

Solange ein Ranking auf den Wettbewerben basiert, wird man sich einen Platz darin "erkaufen" können".

Hast Du eine andere Lösung für ein Ranking? Worauf sollte es beruhen?

PS: Sorry für die Anonymität, muss aber leider sein.

Zschaler hat gesagt…

@anon11:59: Worum geht es hier? Eine angesehene Manager-Zeitschrift erstellt ein Ranking, das mit der kreativen Realität nichts zu tun hat.

Die für Agenturen wichtige ZG der CEOs, Vorstände etc. gewinnt den Eindruck, dass das die 10 kreativsten Agenturen sind. Kann nicht unbedeutend für die Agenturwahl sein. Oder werden.

Das Ranking des Magazins ist verzerrt, weil es zum einen die Kreativwettbewerbe als Beurteilungsbasis zitiert. Und wie wir wissen, gewinnen dort nicht unbedingt die kreativsten, sondern die "kreativ einsatzfreudigsten" Agenturen (Stichwort "Goldideen").

Zum zweiten ist die Gewichtung der Wettbewerbe in sich unschlüssig (z.B. Cannes vs. D+AD oder One Show).

Zwei Ebenen, die zu einem falschen Ergebnis führen. Deshalb habe ich sie oben auch entsprechend erwähnt.

Lösung? Der Mensch ist ein Jäger und Sammler, deshalb sind Medaillen und Rankings immer eine spannende Sache und schwer zu ersetzen.

Die einzige Lösung ist, die Wettbewerbskriterien gnadenlos zu verschärfen. Aber wo fängt man da an? Wäre ein irrer Aufwand. Es brächte für die Wettbewerbsorganisationen zudem ernorme Verluste, weil viel weniger eingeschickt würde.

Für mich sind die Kreativwettebwerbe eine Form des Agentur-Marketings und so eine Art Kreativitäts-Trainings-Olympiade.

Alles halb so wild. Wenn nur ein Magazin wie MM so unreflektiert damit umgeht, schaden sie ihrer eigenen Reputation.

Doch davon geht die Welt auch nicht unter.

Anonym hat gesagt…

@Armir:
http://adsoftheworld.com/media/print/bosch_refrigerator_dinosaur_leg

Einfach mal die Fresse halten.

robzn hat gesagt…

@Anonym 17:33: Das getraut sich auch nur ein Anonymer, hm?!