Freitag, 29. Januar 2010

Trickfilm reloaded.

„Einer wie du muss sich unbedingt Avatar ansehen“.

Ich denke, diesen Spruch haben wir Werbefuzzis in den letzten vier Wochen öfter mal zu hören bekommen.

Versprochen, ich werde in den nächsten Tagen reingehen und die eher schlichte Handlung des Filmes ausblenden. Ich werde mir die "neuartige" 3D-Brille aufsetzen und mich voll auf die Effekte und Animationen konzentrieren.

Auch das ein Gedankengang, der nicht von mir stammt, wohl das passende persönliche Konzept für den Gang in diesen Kassenschlager ist.

Spätestens seit der Gründung von Disney‘s Pixar Studios mit Filmen wie Findet Nemo, Monster AG, Toy Story und Ratatouille weiß jeder filmaffine Bürger, dass es auch spannende Filme jenseits von Brad Pitt & Co. gibt.

Was früher den schlichten Namen Trickfilm trug, heisst heute Animationsfilm. Oder, technisch noch einen draufgesetzt: 3D-Film.

Trotz der Riesenerfolge in Kino und Fernsehen halten sich viele Werbungtreibenden immer noch zurück, einen Werbefilme komplett im Computer produzieren zu lassen.

Der Grund ist nachvollziehbar. So ein komplettes Digitalwerk ist nicht unbedingt billiger, dafür aber ist die emotionale Black Box der Produktion dunkler. Man muss noch mehr Vertrauen in das Talent und die Macher einer Produktion haben als bei „herkömmlichen“ Filmen.

Einen Film aus dem Computer sieht man erst in seiner visuellen Gänze, wenn eigentlich nichts mehr zu ändern ist. Sicher, man hat einige Zwischenstufen, in denen man grundlegenden Dinge definieren und abstimmen kann.

Aber irgendwann müssen die Animationskünstler, die „Renderer“, die Operator oder die digitalen ADs im Kämmerlein verschwinden und den Film Bild für Bild zusammenbauen. Was nicht nur dauert, sondern erst am Ende vollständig begutachtet werden kann.

Gerade wenn Häuser, Strassen oder gar Charaktere aus dem Nichts geschaffen werden müssen, braucht das vom Kunden viel Phantasie.

Sollten danach Änderungen gewünscht sein, so ist das nicht mal eben bis morgen zu machen.

Umschnitt? Theoretisch ja, aber haben wir mehr Zeit? Und mehr Geld?

Bleibt festzustellen, dass der 3D-Kinofilm "Avatar" oder der Animationsfilm „Oben" absolute Kassenschlager sind und die Leute begeistern.

Man muss sich als Kreativer immer öfter mit der Attraktivität und der Machart dieser Filme beschäftigen und überlegen, wie das in Werbung gegossen werden kann. Denn sie werden bestimmt nicht weniger werden.

Wir haben einen Versuch gestartet.


Marder animation commercial Skoda from Leagas Delaney on Vimeo.


Kinofilm „Marder“ für Skoda. Produktion: Markenfilm/Infected, Hamburg.

Montag, 25. Januar 2010

Guerilla zum Viral gemacht.

Der Begriff „Flashmob“ erscheint mir heute schon wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit, dabei ist er eine dieser Modeerscheinungen unserer virtuellen Gesellschaft.

Über Communitys, Weblogs oder e-Mails wird ein Menschenauflauf auf öffentlichen Plätzen organisiert.

Die Werbeindustrie hat sich diese Erscheinung natürlich längst gegriffen und in verschiedenste Formen überführt. Eines der bekanntesten Beispiele sind die Aktionen von T-Mobile in England. Im Hauptbahnhof von Liverpool wurde ein "Tanz- und SingMob" veranstaltet, gefilmt und auf YouTube zu einem sehr begehrten Stück Film entwickelt.

Es folgte eine Aktion am Trafalgar Square in London (mit Pink) und auch die Deutsche Telekom hat sich dann gedacht, was unseren Kollegen in England einen großen Rummel gebracht hat, sollte auch bei uns funktionieren. Man initiierte einen Auflauf im Bahnhof von Leipzig (mit Paul Potts).

Das Format „Guerilla = Viral“ ist eine wunderbare Sache, wenn man eine starke Idee hat und die Aktion so funktioniert, wie man sich das gedacht hat (bei einer professionellen Planung wird die „spontane“ Reaktion meistens teilweise initiiiert oder gestellt).

Das solche Spot durch ihre echte oder auch gespielte Authentizität einfach Spaß machen, zeigt die neueste Coca Cola Nummer an einer Uni.

 

Film „Happiness Machine“ von Coca Cola. Agentur: Definition 6, Atlanta

Mittwoch, 20. Januar 2010

Reste-Jurys.

Das Ergebnis und die Haltung eines Kreativ-Wettbewerbes hängt von der Qualität seiner Jurys ab. Womit das Dilemma des deutschen ADC in einem Satz beschrieben ist.

Das momentan laufenden Auswahlverfahren der Juroren zum Wettbewerb 2010 unterstreicht diese These. Im Hauptwettbewerb finden sich inzwischen 22 Kategorien, für die 22 Jurys à 13 Mitglieder gewählt werden. Dazu gesellt sich der parallel laufende Nachwuchswettbewerb mit 5 Jurys à 11 Mitgliedern.

Es werden also 341 Juroren gewählt.

Aber gewählt kann man das eigentlich nicht mehr nennen, denn für rund die gefühlte Hälfte aller Jurys haben sich nicht genug Bewerber gefunden. Wer sich also in einer der vielen dünn besiedelten Regionen angemeldet hat, ist quasi automatisch Juror.

Wie kommt das?

Die kontinuierliche Erweiterung des Clubs auf alle möglichen Disziplinen und die damit beabsichtigte Diversifizierung in entsprechende Unterkategorien fordert ihren Tribut.

Mit einem Kategorien-Ungetüm (siehe unten) versucht der ADC, der Fragmentierung in unserer Kommunikationslandschaft Herr zu werden. Was logistisch und strukturell die richtige Antwort sein mag, bereitet einem emotional irgendwie Bauchschmerzen.

Spätetstens jetzt versteht man das Unterfangen der Herren Heffels, Jung und Jahn, diesem Einsende-Wahn mit einem einfachen Konzept zu entgegnen.

Während die Lösung dazu vermutlich in der Mitte beider Welten liegt (das Dreierteam überarbeitet gerade sein Konzept für nächstes Jahr), muss man auch das Jury-Wahlsystem des ADC kritisch beleuchten.

Für Nicht-Insider: Jedes ADC-Mitglied (momentan rund 560) hat die Möglichkeit, sich für eine beliebige Jury (und zwei Ersatz-Jurys) bewerben. Wird man nicht in seine favorisierte Jury gewählt, rückt man in eine der Ersatz-Jurys auf.

In der Praxis gibt es aber nur rund 7 Jurys, um die sich relativ viele Leute kloppen (zwischen 20 und 30 für besagte 11 Plätze). Das sind immer noch die Königskinder Print, Out-of-Home, Film, ganzheitliche Kommunikation sowie einige Nachwuchskategorien (da geht es auch drum, die Namen der Talente auszuspähen).

Alle restlichen Jurys sind mit 100% Annahmegarantie versehen, weil nicht genug oder gerade ausreichend Bewerber. Diese "weniger beliebten" Jurys werden dann nach der Wahl mit all jenen aufgefüllt, die es nicht in ihre favorisierte Jury – oder gar Ersatz-Jury – geschafft haben.

Jemand, der also am liebsten in die TV-Jury gegangen wäre (und entsprechende Kompetenz besitzt, z.B. ein Regisseur), muss sich später plötzlich mit Illustrationen befassen.

Die eventuelle Motivations- und Kompetenzlage dieses Jurors braucht man nicht weiter zu erörtern.

Ein Sachverhalt, der meiner Meinung nach schon ausreicht, um das Besetzungs-System komplett neu zu konzipieren. Es ist zwar richtig, dass die Straffung des einen (der Struktur) auch die Verbesserung des anderen (der Jurys) mit sich bringen würde. Dennoch sollte man ein Konzept erarbeiten, dass die Qualifikation und die Souveränität der Juroren für die einzelnen Kategorien noch mehr in den Mittelpunkt stellt.

"Berufen durch ein Gremium" statt "sich selbst bewerben und ankreuzen" ist meiner Meinung nach der Schlüssel. Cannes, D+AD und OneShow machen es vor.


Freitag, 15. Januar 2010

Allzweckwaffe Metapher.

Steve Jobs ist der größte Fan davon, wenn er neue Produkte präsentiert. Und die Werbung würde ohne dieses dramaturgische Stilmittel gar nicht funktionieren. Die Übersetzung von Sachverhalten in Bilder. Kurz: Metapher.

Dabei gibt es natürlich die visuellen Bilder. Und die wörtlichen Bilder.

Es ist eine Binsenweisheit, das Bilder den Menschen besser im Gehirn haften bleiben, wenn sie etwas erklärt oder vermittelt bekommen sollen.

So hat der Apple-Chef in einem Interview über Computer einmal folgendes Bild geschaffen: Für mich sind Computer die Fahrräder für unser Gehirn.

Wohl dem, der in Gesprächen oder Debatten Metaphern aus dem Ärmel schütteln kann. Meistens sind sie harte Arbeit. Besonders für uns Kreative.

Beim Einsatz von Metaphern muss man sich inzwischen sehr große Mühe geben, denn auch hier ist es wie in der Werbung. Abgenudelte Bilder erzeugen keine Neugier oder Prägnanz:

Kämpfen wie ein Löwe, wir sitzen alle in einem Boot – solche Formulierungen sind Valium für den Verstand.

Ein naher Verwandter der Metapher ist die Analogie. Auch sie wird in der Kommunikationsbranche äußerst gerne eingesetzt und funktioniert immer wieder hervorragend. Wenn man die Regel befolgt: Analogien verwenden, die keiner erwartet.

Viele Köche verderben den Brei – ein Satz, bei dem keine Explosion im Geist entsteht.

Als Metapher-Fetischist beherrscht Steve Jobs natürlich auch dieses rhetorische Handwerkszeug. Über die Tatsache, dass Windows-Nutzer inzwischen iTunes als bevorzugte Anwendung sehen, hat er einmal gesagt:

Das ist, wie wenn man einem ein Glas Eiswasser in der Hölle reicht.

Bleibt festzustellen, dass wir Kreativen ohne Metaphern und Analogien einen beschisseneren Job hätten.

An dieser Stelle einen Dank an den griechischen Vorzeige-Philosophen Aristoteles. Der hat’s erfunden und kultiviert.

Ein Bild von ihm zum Abschluss. Als Tipp für unsere tägliche Arbeit:

Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.



Eine starke und ungewöhnliche Analogie als Film: Ein durchschnittlicher Flug produziert über 400kg Treibhausgase. Das Gewicht eines Eisbären.

Spot „Polar Bears“ für planestupid.com. Agentur: Mother.

Montag, 11. Januar 2010

Lauter halb volle Gläser.

Der Mensch hat rund 60.000 Gedanken am Tag. Sagt eine amerikanische Neuro-Studie. Was wiederum eine österreichische Diplom-Psychologin behauptet, deren Vortrag ich vergangene Woche gelauscht habe.


Diese Summe erfasst alles, was einem so täglich durch den Kopf jagt.


Der Gedanke, wenn einem die Serviette auf den Boden fällt.
Der Gedanke, wenn der Freund/die Freundin um die Ecke biegt. 
Der Gedanke, wenn der Kunde die Idee mal wieder nicht versteht.


Doch noch viel bemerkenswerter ist folgende Zahl. 


Wie viel Prozent all dieser unserer täglichen Gedanken sind negativ?


90 Prozent!


Eine geradezu beschämende Erkenntnis für uns alle, wie ich finde. Und gestehe im gleichen Atemzug, dass ich ganz bestimmt nicht zu den Musterschülern der Vereinigung "Welt-Optimisten" gehören würde. 


Wenn ich mir also Gedanken mache, was für Gedanken ich mir mache und welche davon ausnahmslos positiv sind, könnte diese vernichtende Zahl durchaus hinkommen:


Ich stopfe im Kunden-Meeting Kekse in mich rein und denke „Scheiße, ich nehme zu“. Ergo nehme ich zu.


Ich stehe im Laden beim Bäcker und denke "nur noch zwei Laugenbrötchen und die kauft bestimmt der Typ vor mir". Ergo kauft er sie.


Ich entwickele eine provokante Idee und denke "die wählt der Kunde eh nicht aus". Ergo wählt er sie nicht aus.


Ganz klar: So wird das nichts.


Der Titel des oben erwähnten Vortrages lautete denn auch: Wir sind der Autor unserer Gedanken. 


In der Tat, warum unsere Gedanken in Zukunft nicht einfach öfter mal umschreiben? Es muss ja nicht gleich 100% positiv sein. Aber 50/50 wäre doch ein guter Deal.


Gerade wir Kreativen mit unseren Ideen und Phantasien sollten uns nicht von der allgemein miesen Stimmung runter ziehen lassen, sondern in der labilen Wirtschaftslage eine riesige Chance sehen. 


Wir leben in einer Zeit, in man Dinge rapide verändern kann.


Ergo:


Ich nehme nicht zu.


Der Typ kauft die Laugenbrötchen nicht.


Der Kunde wird meine Idee wählen.


Und wo wir schon dabei sind:


2010 wird besser als 2009.


Und die Welt ist einfach großartig. 






Spot „The world is just awesome“ für Discovery Channel. Agentur: 72andsunny, Los Angeles.