Dienstag, 8. Dezember 2009

Marken und Virals – noch keine Liebesgeschichte.

Die Diskussion mit Kunden über die Wirkung von Virals (oder nennen wir es mal: ungewöhnliche filmische Aktionen im Internet) gehört zu den immer wiederkehrenden Agendapunkten bei einem Jour Fix.

Viele Entscheider tun sich mit dem Kanal „soziale Netzwerke“ immer noch schwer, weil sich die wenigsten selbst darin bewegen.

Das wäre nicht weiter dramatisch, gäbe es ein größeres Vertrauen in die Expertise der Agenturen. Doch das ist nicht so ausgeprägt, dass mehr und mehr Kunden voller Überzeugung eine sinnvolle Summe in das Entwickeln eines viralen Konzeptes stecken würden (Produktion und Seeding).

Zugegeben, die Kontrolle über den Erfolg eines viralen Konzeptes ist schwerer als bei einem klassischen Konzept. Und es erfordert die Fähigkeit, auch kontroverse Diskussionen über die eigene Marke zuzulassen bzw. auszuhalten. Auch die Zutaten viraler Konzepte sind von einer Beschaffenheit, die vielen Kunden immer noch Schweißperlen auf die Stirn treibt: maßlose Übertreibung, Provokation, Ironie, Entertainement und möglichst wenig platte Werbebotschaft.

Nun gibt es zum Jahresende ja gerne Kreativ-Rankings, Best ofs oder Top Tens. So auch bei Mashable, einer sehr gehaltvollen Website über die neuesten Entwicklungen im sozialen Netz.

Der Boss einer der profiliertesten amerikanischen Seeding-Agenturen (Feed) hat dort seine Top Ten der weltweit erfolgreichsten Virals des Jahres 2009 erstellt (hier).

Neben dem sensationellen Volkswagen Piano-Film aus Schweden findet man in der Liste nur noch zwei Werke von „großen Marken“.

Ein Kurzfilm von Schweppes (unten). Und eine YouTube-Aktion von Samsung.

Alle anderen Werke stammen von Nischen-Unternehmen, Nischen-Marken oder von Personen, die „nichts zu verlieren haben“ – wie Kunden so schön sagen würden.

Ich finde allerdings, wenn man für eine virale Kampagne im Netz genau die gleichen Beurteilungskriterien anlegt wie für eine Kampagne außerhalb des Netzes, dann kann eine Marke hier wie dort genauso viel gewinnen oder verlieren.

Die Marke muss wissen, an wen sie sich richten will. Sie muss versuchen, das Verhalten und die Gewohnheiten dieser Zielgruppe im Netz zu verstehen. Und sie muss sich dann mit entsprechenden Inhalten um diese Zielgruppe bemühen, ohne dabei unglaubwürdig zu werden. Klingt fast schon traditionell (wie das der Feed-Mann lapidar kommentiert).

Nimmt man das Mashable-Ranking als Spiegelbild der heutigen Kommunikation, so haben viele Marken aber eben doch noch große Berührungsängste mit viralen Aktionen.

Doch die alten Marktgesetze werden auch in der digitalen Kommunikation gleich bleiben: die schnelleren werden die behäbigen Marken überholen.

Auf Platz 2 des Rankings ist ein 12-Minuten Film von Schweppes, der in Cannes zu den Löwen-Gewinnern zählte.

Er bricht – Ausnahmen bestätigen die Regel – mit den genannten Gesetzen komplett: keine Provokation, keine maßlose Übertreibung, keine Ironie. Einfach eine wundervoll inszenierte Liebesgeschichte. Sensationell gut gemachter Kitsch.

Eine Regel hat der Film allerdings doch befolgt: das Produkt Schweppes ist gerade mal 2 Sekunden zu sehen – irgendwo in der Mitte. Zum Film gibt es natürlich eine Facebook-Fanpage. Die Visits auf YouTube sprechen ein übriges.

Effekt für die Marke?

Sicher nicht vordergründig mehr Verkäufe, aber ich würde vermuten, dass dieser Film die Marke nicht nur ins Gespräch gebracht ("wer hat denn diesen schönen Film gemacht?") sonden ihr auch hohe Sympathiewerte zuführt hat. Und weiter zuführt.

Denn der Film ist ja nicht vom Sender verschwunden.

Wer den Film noch nicht kennt, nimm dir Zeit:



Film „Signs“ für Schweppes von Publicis Mojo, Australien.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

da geht einem ja das herz auf. sehr schön. nur schweppes hab ich nirgendwo gesehen.

Zschaler hat gesagt…

Schweppes bei 6:30 min.

Anonym hat gesagt…

Und bei 03:18 sieht man es auch, da könnte es allerdings noch Zufall sein, wenn man nicht schon vorher weiß wer der Absender ist.

Anonym hat gesagt…

ach ist der schööön. und so einfach...