Sonntag, 12. April 2009

Sieht aus wie Fake, ist aber keiner.

Mit mehr Muse als sonst, weil auf der Terrasse in der herrlichen Ostersonne sitzend, will ich noch mal etwas über die Schwierigkeit philosophieren, wie man bei Wettbewerben mit Fakes umgehen soll.

Nachfolgend zwei Beispiele, die man schnell als Scam-Ads verdächtigen könnte (wären sie von deutschen Agenturen, wäre man sich seiner Sache ziemlich sicher, oder?).

Das erste Beispiel ist ein Poster der Zeitung „The Zimbabwean“ und ist aus echten Geldscheinen der Währung Zimbabwes gemacht:




Poster "Wallpaper" für The Zimbabwean Newspaper.


Das Poster wird mit großer Wahrscheinlichkeit nur einmal erschienen sein, doch es wurde in einschlägigen Medien schon darüber berichtet.

Ein schönes Beispiel für einen klassischen 1mal-Meister – aber ist er deshalb als Fake zu betrachten?

Das zweite Beispiel kommt aus den USA und ist eine sehr clevere Ambient-Aktion.

Scheinbar gibt es einige Städte und Kommunen, die aus Geldmangel die Strassenlöcher nicht reparieren können. Nun hat sich die Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) bereit erklärt, einigen Städten zu helfen und die Strassenlöcher zu füllen – natürlich nur, wenn sie jedes Loch mit ihrem Logo versehen dürfen.




Ambient-Aktion "Potholes" von Kentucky Fried Chicken.


Hier ist der Verdacht des Fakes wohl nicht zu halten, denn diese Geschichte ging in den USA schon durch die überregionale Presse und hat für mächtig Wirbel gesorgt.

Beneidenswerte Aktion, die Idee hätte ich gerne gehabt.

Beide Beispiele unterstreichen (das erste vielleicht etwas eindrücklicher) aber auch, dass man solch gelungene Kreationen nicht mit dem Fake-Verdacht bestrafen darf, nur weil hier aus einem überschaubaren Budget viel rausgeholt wurde.

Ich bilde mir zwar ein, dass man bei diesen beiden Beispielen sofort spürt, dass ein gewisser „Ernst“ hinter dem kommunikativen Anliegen steckt (Relevanz) und man deshalb die Aktionen gar nicht erst als Fakes beschuldigen würde, aber sicher gibt es auch einige andere ernsthafte Aktionen, die durch einen wie auch immer gearteten Fake-Filter in Wettbwewerben hart bestraft würden (z.B. Filter wie ein gewisser Mediawert o. Ä.).

Wie auch immer, beide Ideen sind exzellent und motivieren mich als Kreativen ganz anders als solche gekünstelten und irrelevanten Gimmick-Goldideen, wie ich sie in der digitalen Jury oder auch in anderen Kategorien erleben durfte.

Sonniges Rest-Ostern noch.

13 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dir auch. Lass dich schön grillen in der Sonne.

robzn hat gesagt…

http://www.thezimbabwean.co.uk/index.php?option=com_content&task=view&id=20274

[...] "The “Trillion Dollar” campaign currently running in South Africa was the brainchild of ad agency TBWA Hunt Lascaris" [...].

Anonym hat gesagt…

Schlagloch-Fake! Wir haben für den Kunden Bridgestone sowas schon vor zig Jahren gemacht - in Koop mit AutoBild und point S, guckst du hier:

http://www.autobild.de/artikel/aktion-quot-schluss-mit-schlagloch-quot-_44857.html

Zschaler hat gesagt…

Ich bin ganz sicher, dass sich die Kreativen der KFC-Agentur in Amerika das von dieser Bild-Aktion vor zig-Jahren abgeschaut haben.

Sicher, ähnliche Idee (das nennt man dann meines Erachtens nicht Fake sondern Plagiat), aber leider hat es KFC weit besser gemacht.

Überall das Branding auf der Strasse, einfach cool.

Anonym hat gesagt…

Ich frage mich, ob die Juroren in den Jurys damit glücklich werden, wenn sie außer dem Grad an Kreativität auch den Grad an Wahrheit beurteilen müssen und wie man aus beidem einen Gesamtwert errechnet. Fake-Verdacht gibt Punktabzug?
Übel aller Fakes ist doch, dass hier der Grundsatz herrscht "Idee sucht Kunde". Aber waren nicht mal die Dienstleister Werber aufgestanden, um für Kunden Ideen zu suchen? Und müssen Leistungsschauen wie die Wettwerbe nicht zeigen, was für ein unerschöpfliches und wirkungsvolles Potential in Kreativität liegt, um reale kommunikative Probleme zu lösen - unabhängig von der Etathöhe? Statt mit der Auszeichnung von Fakes zu beweisen, wie viel Potential in den Kreativen steckt?
Ich finde es mindestens bedenklich, wenn eine echte Lösung schon deshalb in Fake-Verdacht gerät, weil sie besonders gut ist.

Fabian hat gesagt…

Kann man sich auch direkt für LD Prag bewerben?

Zschaler hat gesagt…

Ja, geht auch über simone_gehrke@leagasdelaney.de. Schick Vita und die fünf besten Arbeiten. Englisch in Wort und Schrift sollte gut bis sehr gut sein.

sossenteufel hat gesagt…

man kann das problem umschiffen: kategorie 1: beste idee, die auch umgesetzt wurde (quasi mit dem weg über das briefing). kategorie 2: beste idee ohne briefing und somit höchstwahrscheinlich auch ohne umsetzung. bums.

Zschaler hat gesagt…

Wie willst du das kontrollieren? Da werden dann wieder die ganz Schlauen aufstehen und ihre Briefings schreiben. Viel zu umständlich und aufwändig. Es ist jetzt schon eine Mitarbeiterin damit beschäftigt, den ganzen Formularkram und das Drumherum für die ganzen Wettbewerbe zu organisieren. Dann noch die Briefing-Nummer?
Nicht praktikabel.

sossenteufel hat gesagt…

also dann alles wie gehabt!
wie seht ihr das in der jury? erkennt ihr da einen trend zu mehr fakes in den letzten jahren? auch begünstigt durch neue werbeformen?

Fabian hat gesagt…

Ich hab letztens was ganz gutes gelesen.

Hat sich ein bekannter Kreativer, von dem man wusste, dass er krasse Sachen gemacht hat, bei einer Agentur beworben.

Er wurde irgendwie aufgefordert, seine beste bzw. schwierigste Arbeit, die er meint je gemacht zu haben, mitzubringen.

Der CD war etwas enttäuscht, weil er von dem Kreativen in Cannes schon geileres gesehen hat.

Auf die Frage, warum er die mitgebracht hätte - er hat ja viel geileres gemacht antwortete der Kreative:

Es war die Anzeige, wo es bisher am schwersten war, sie dem Kunden zu verkaufen.

Ich glaube, dass trifft es ganz gut.

Fabian hat gesagt…

Ach, es ging glaub ich darum, die Arbeit mitzubringen, auf die er besonders stolz sei.

Zschaler hat gesagt…

@sossenteufel: Viele haben inzwischen ein gutes Gespür dafür, was Fake ist und was nicht. Aber 100% sicher kann man sich nie sein und muss aufpassen, vor lauter Fake-Genervtheit nicht ungerecht zu bewerten.

Digital ist ein absolut fake freundliches Medium (meistens günstig in der Produktion und günstig in der Schaltung)