Freitag, 3. April 2009

Jury 15.

Den größten Teil meiner Arbeit habe ich schon hinter mir, was die diesjährige ADC-Juryierung betrifft.

Ich bin in der Jury für digitale Medien und da ist es Teil des Jobs, sich die eingereichten Arbeiten vorher zu betrachten. Würde man das auf die beiden Jurytage am 22. und 23. April verlegen, käme die Jury nicht rechtzeitig zu einem Ergebnis.

All die vielen Websites, Banner, Layer, Intertitials, Pop-Ups, Digitalevents, Interactive Tools und Sonderformate einfach physisch mal anzusehen, kostet schon zwischen 6 bis 8 Stunden.

Das heisst, die Juroren der Jury 15 erhalten 6 Wochen vorher eine lange Liste mit Links und bestimmen ihre Pre-Shortlist.

Was fiel mir auf?

Zum einen, dass 260 Einreichungen mit jeweils einem 90-sekündigen Erklärungs-Trailer verdammt viel Holz sind.

Zum zweiten, dass ich vielleicht doch noch über das Geschäftsmodell „Einreichungsberater“ nachdenken sollte, um die hohe Quote der eindeutig Chancenlosen zu reduzieren und den Agenturen viel Geld zu sparen.

Zum dritten, dass das Fake-Paradies inzwischen ein digitales ist.

Was ich an aberwitzigen Sites, Bannern, Pop-ups, Layern etc. vor die Maus bekam, lässt mich den Kopf über so viel kreative Energieverschwendung schütteln.

Digitale Kreation mag inzwischen unter gewieften Awardstrategen als kostengünstiges Medium (sowohl in der Herstellung als auch in der Schaltung) identifiziert worden sein. Doch was sie übersehen, ist die Tatsache, dass dieser Typus "nette Idee" meistens auch von anderen in ähnlicher Weise umgesetzt wurde.

Drei zitternde Banner, ob für Alzheimer, Kopfhörer oder automatische Zahnbürsten, verlieren ganz schnell an Originalität.

So muss man sich als Juror gar nicht groß aufregen, kann sich getrost auf seinen gesunden Ideenverstand verlassen und die Ideen belohnen, die aus dem Einheitsbrei der Medaillenaspiranten wohltuend anders herausstechen.

Was einen digitalen Juror zudem Entspannung bringt, ist die Tatsache, von vornherein zu wissen, 99% der www-Arbeiten nicht gesehen haben zu können.

Ausnahmen bestätigen die Regel.

Wie das Matthias-Reim-Remake, die Jopi-Kampagne von Sixt.

Eine der wenigen digitalen Kampagnen, von der man sagen kann: ja, die hat sogar mich erreicht.



Viraler Spot „Jopie“ für Sixt von – natürlich – Jung von Matt, Hamburg.

17 Kommentare:

sossenteufel hat gesagt…

der hätte auch ohne gina-lisa funktioniert! sehr cool!

Anonym hat gesagt…

Aber Gina-Lisa macht das noch mehr WTF!

Anonym hat gesagt…

Hey,

find ich richtig gut, dass Du rigoros gegen diese ganzen Fakes mal vorgehst. Weil, ganz im Ernst, es scheint in Mode zu kommen, sich gegen Fakes auszusprechen.

Und die, die am größten dagegen poltern, sind die, die am meisten davon produzieren und weiter und weiter prämieren.

Um dann wieder zu sagen: Fakes machen uns unglaubwürdig.

Das ist doch shizo.

Vor allem, wenn man bedenkt, wie viele Fakes, schon gute Kampagnen zerstört haben.
Ich mein, da wird für einen kleinen Kunden, der bis dato überhaupt kein Kunde der Agentur war, ein super tolles 18/1 gemacht und am Arsch der Welt platziert.

Scheiß aufs 18/1, aber wenn die Grundidee genial ist, ist sie mit der veröffentlich im ADC etc. schon wieder tot.
Und das nur für ein 18/1 am Arsch der Welt.

Schade.

Anonym hat gesagt…

DDB, JvM, Grabarz, Scholz&Friends, Kolle Rebbe: alle erzählen, keine Fakes, keine Fakes. Dabei sind sie die größten Produzenten.

Anonym hat gesagt…

zum einen bin ich deiner meinung fakes keine chance zu geben. auf der anderen seite muss man aber sagen das die vielen genanten agenturen schöne blöd wären das web nicht so nutzen wie man es kann und auch sollte.

denn im netz gibt es keine fakes!!!

diese ganzen angeblichen fake-sites sind für jeden auf der welt zugänglich. man muß sich nur um den link kümmern. und es gibt sooo geile sites die zwar keine direkte botschaft haben aber einfach unterhalten. und das web soll unterhalten. wenn ich irgendwelche produktversprechen oder nähre infos zum produkt haben will geh ich auf die entsprechende seite. bin ja sowieso schon im netz. wenn ich aber spaß und unterhalten werden will gehe ich gerne auf diese seiten. so kommuniziert man auch das produkt oder die marke,

im web jetzt grenzen zu ziehen ist schwachsinn. wer sagt das waas fake ist und was nicht? woran soll man es erkennen? selbst dran schuld wenn du den einen oder anderen link nicht mitbekommst. oder eben deine"fake"-seite nicht ausreichend kommunizieren kannst.

ich wette das im endeffekt seiten gewinnen die man doch alle kennt. wenn man sich eben damit beschäftigt.

Zschaler hat gesagt…

Im Netz gibt es natürlich Fakes.

Und zwar all die Arbeiten, die ohne ein Briefing vom Kunden realisiert wurden.

Genau das ist inzwischen ein großes Problem:

Agenturen haben Kunden daran gewöhnt, vieles umsonst zu machen.

Erst vor kurzem hat sich ein Kunde gefragt, warum die Filme immer so teuer sind, wenn er auf der anderen Seite einen Goldfilm freigeben soll, für den er kein Geld bezahlt hat.

Agenturen haben mit Fakes ihr eigenes Geschäftsmodell ausgehöhlt.

Anonym hat gesagt…

aber warum soll man denn nicht auch mal ohne briefing eine tolle idee haben und umsetzen. das zeigt doch auch dem kunden das man sich noch viel intensiver mit der marke beschäftigt als nur stupide die briefungs runter zu schrubben.

wieso soll der kunde für was bezahlen was die netzgemeinde sau gut findet und mal von hinten an die marke heran führt??? und vielleicht aufgrund der genialität noch über blogs verbreitet wird??? das versteh ich nicht.

das netz hat keine grenzen und bietet alle möglichkeiten. da hat auch film nix mit zu tun.

ihr großen sagt doch immer das nun das zeitalter des www ist, wir mal in anderen kanälen als nur print denken sollen. und am ende ist es euch trotzdem lieber tausenede an euro in einer spiegel-anzeige zu stecken als euch mal zu trauen ne verrückte seite zu kreiieren. aus angst es dem kunden nicht verkaufen zu können weil auch er das www noch längst nicht überblickt hat?

diese "fakes" sind jedenfalls realer als manch "große" printkampagne.

Anonym hat gesagt…

ich weiss gar nicht was ihr habt?!
ob fake oder real, hinter einem fake steckt auch eine idee. und genau darum geht es in unserem job!!! wer die idee hat gewinnt. und da interessiert es doch ein scheiss ob die idee für einen kleinen deohersteller in bagdad ist, von dem noch nie jemand was gehört hat, oder für sonst wen. wer zuerst kommt gewinnt auch. ohne diese fakes wäre es ein bisschen langweilig denk ich, besonders in deutschland. hier, wo eh alles analysiert, recherchiert, spekuliert und am ende abgeschossen wird, wegen blablabla...geschissen drauf! es geht nur um IDEEN.

Wie geil wäre es, wenn man nur mal machen machen machen würde.
wenn die formel: kunde - problem - lösung wäre. ohne unnötig lange meetings etc. aber dafür müsste man auswandern.

ach und der viral ist kool.

Zschaler hat gesagt…

Liebe Leute, bei der ganzen Fake-Diskussion gibt es zwei Parameter, die gerne unterschätzt werden.

1. Die Vorbildfunktion. Der kreative Nachwuchs bekommt es von uns vorgelebt, dass man ohne Briefing und ohne Auftrag gute Ideen entwickelt. Eine starke Idee ohne Briefing zu entwickeln ist aber ein ganz anderer Job als mit Briefing. Mit Briefing eine kreative Kampagne hinzulegen ist ungleich schwieriger. Doch das müsste die Meßlatte sein. Seit es aber den Ausweg "Fakes" gibt, sind die Vorstellungen der jungen Kreativen von ihrem Job in die falsche Richtung gelaufen. Auch auf schwierigen Briefings kann man gute Ideen entwickeln, aber nur, wenn man es lernt.

2. Das Geschäftsmodell. Wenn Agenturen ihre besten Ideen mehr und mehr verschenken, egal ob offline oder online, dann fragen sich mehr und mehr Kunden, warum sie für diese oder jene Kreationsleistung so viel bezahlen müssen. Und da wir gerade eine Krise haben, kommt die Anfrage immer häufiger vor. Wir haben sie schon ein paar mal erlebt.

Die Diskussion, dass man mal für seine Kunden etwas umsonst machen kann, dass kreativ ist und im Netz Erfolg hat, ist geschenkts. Klar, kann man das machen.

Da aber mittlerweile hunderte von Agenturen Tag für Tag Goldideen produzieren, verrutscht hier etwas in großem Stile.

Ganz abgesehen davon, dass viele Fake-Ideen mit der Strategie oder der kommunikativen Grundausrichtung der Firma nichts zu tun haben.

Und da wären wir dann wieder bei der Relevanz.

Diese ganze Fake-Geschichte ist inzwischen ziemlich kraus und man muss sich fragen, wie man das wieder in den Griff kriegt.

Wenn überhaupt.

Anonym hat gesagt…

danke. das habe ich ganz gut verstanden. aber warum kann man darauf hin keine fake-awards oder eigene kategorien bilden.

ich hoffe auch das du nicht der einzige bist der so denkt. könnt ihr euch nicht mal zusammen raffen? es kann ja auch nicht das ziel sein sich gegenseitig runterzuwirtschaften in dem man die besten ideen verschenkt und darauf hin die normalen jobs keiner mehr will...

Anonym hat gesagt…

Es werden ja nicht nur Ideen für Kunden umsonst gemacht. Als kleinen Nebeneffekt peppt man damit dann den Unterhaltungswert und somit den Börsenwert von Youtube / Google auf...

Bizarre Blüten der "Umsonstkultur"

Anonym hat gesagt…

Neulich bei einem Fotografen-Newsletter:
(Name vergessen, auch egal) Ein Bild gesehen mit Fledermäusen, die am Rückspiegel hängen. Runtergezogen. Datei auf meinem Desktop gesucht, gefunden unter dem Namen: goldidee_skoda.jpg

Da hab ich noch gedacht:
Da produzier ich doch lieber experimentelle, digitale Fakes, als dass ich in Print oder Outdoor versuche, mit Einzelmeistern irgendwas zu reißen.

Anonym hat gesagt…

Eine gute Idee für eine... - jetzt hätte ich fast Penisprothese geschrieben, dabei sollte es hier doch über der Gürtellinie bleiben - Tattoostudiokette zu haben ist eine Sache. Aber dann eine Tattoostudiokette zu suchen, auf die die Idee passt und so zu tun, als ob es ein tatsächlicher Kunde ist, ist einfach arm.

Und Ideen auf echte Kunden zu biegen, fernab jeder Strategie, ist auch nicht viel besser.

Sicher gibt es auch gute Ideen auf Briefings, die trotzdem nicht überleben. Dann liegt es an Kunden, Beratern, CDs oder am doofen Arter, der die miesen Skribbles gemacht hat. Oder die Idee war einfach nicht gut genug.

Wer reihenweise Goldideen abliefert, glänzt noch lange nicht.

Was soll die Award-Geilheit?Niemand außerhalb (und innerhalb vielleicht auch nicht?) der Werbebranche lässt sich davon beeindrucken. Von einer guten Kampagne dagegen schon.

Viral mal anders:

http://veg-tv.info/Earthlings

Gruß,
Christian

Fabian hat gesagt…

Leute,

es kommt nicht darauf an, wer theoretisch die 100 m am schnellsten schwimmt, sondern wer sie im Becken, im Wasser schwimmt.

Danke.

Ach ja, werft mal einen Blick nach London und USA. Vor dem Hintergrund wirken die Billofakes aus Deutschland beschämend.

Zschaler hat gesagt…

@Anonym 17:09: Ich habe nie behauptet, dass wir keine Goldideen produzieren.

Trotzdem stehe ich dem Thema sehr kritisch gegenüber.

Wer in diesem Markt Talente anziehen will, schafft das leider nicht, wenn er nicht auch ab und zu in den Rankings auftaucht.

Doch selbst da halten wir uns vornehm zurück.

Was galubst du, warum ich einen Blog schreibe?

Anonym hat gesagt…

man kann sich auch mit den ganzen rankings selber in die kacke setzen. ja welches der millionen rankings ist denn jetzt am glaubhaftesten? als kunde müsste ich doch eher überfragt sein als bei diesen ganzen rankings genau den spezialisten zu finden dem ich mein ganzes geld anvertrauen soll.
ich glaube das wir uns keinen gefallen tun nur auf die rankings zu schauen. denn bei allen rankings ist doch schieberei noch höfflich formuliert. die ganzen "großen agenturen" die sich gegenseitig pimpern und die punkte zuschieben stehen dann auch oben im ranking. da ist es ja dann auch scheißegal wenn z.b. jvm mal die neue sixtkampagne völlig an den baum setzt oder kolle nur picknicken. wenn man sich nicht pimpern lassen will wird man auch nie im ranking ganz oben sein. das ist wohl hier so in deutschland. ich würde wetten, das sogar einer wie amir kassei der hier die werbewelt verändern will ganz klein mit hut wäre wenn er mal in den staaten bei sowas wie dem adc wäre. man sollte sich mal die kriterien dieser awards zu vorbild nehmen.

Zschaler hat gesagt…

Es gibt ein Ranking in Deutschland, das Bedeutung hat, und das ist das Manager Magazin Ranking, dass sich aus den Rankings von Horizont und w+v speist, die sich wiederum aus einer riesigen Liste von nationalen und internationalen Wettbewerben speisen.

Das Manager Magazin Ranking wird im Manager Magazin veröffentlicht – und das sehen nicht wenige potentielle Kunden.

http://www.manager-magazin.de/it/kreativindex/0,2828,590987,00.html