Samstag, 10. Januar 2009

Die Leichtigkeit des kreativ seins. Teil 1.

Manchmal kann Kommunikation so herrlich einfach sein. Man sieht ein Stück Werbung und denkt:

Verdammt, ja, das ist überraschend, witzig, gut gemacht, einfach zu verstehen und man mag es sich immer und immer wieder ansehen. Es nervt einen nicht, weil es nicht belehrend oder didaktisch ist.

Die Belohnung für die Macher: Man hegt große Sympathie für die Marke, die einem diesen Spaß serviert.

Advertising as its best.

Ein Werk, das mich zuletzt in diese Seelenlage versetzt hat, ist ein neuer Spot aus Holland für Heineken:



TVC „Walk-in fridge“. Agentur: nicht heraus gefunden.

Während meines Kreativschaffens fällt einem immer wieder auf, wie kompliziert man es sich manchmal macht (Briefing im Kopf, Gespräche mit dem Kunden im Kopf, Gespräche mit dem Planning im Kopf, Gespräche mit der Beratung im Kopf, eigene Ansprüche im Kopf, Termindruck im Kopf, knappes Budget im Kopf) und man merkt, wie die kreativen Gedanken verkrampfen.

Spätestens dann ist der Punkt erreicht, wo man seinen gordische Kreativknoten durchschlagen muss und nur an den Verbraucher denken sollte.

Der hat den ganzen Marketingmist nämlich nicht im Kopf. Und es ist ihm auch absolut scheißegal. Der interessiert sich nur für unser Werk, wenn es seine Aufmerksamkeit irgendwie ergattert, es ihn positiv ablenkt und zum Schmunzeln oder Nachdenken bringt.

Reduziert man diesen Heineken-Spot auf seine Botschaft, so ist sie recht simpel, ja fast trivial: Männer lieben Heineken.

Der Spot zeigt nichts anderes als Begehrlichkeit und ich könnte wetten, dass hierzulande tiefgründige Diskussionen geführt würden, dass das als Botschaft nicht ausreicht und man strategisch und kreativ ungewöhnlicher vorgehen sollte, um ein Bier zu profilieren.

Doch dann sieht man einen Spot wie diesen und denkt: ist das wirklich immer so?

Mich fasziniert die scheinbare Leichtigkeit der Kreation, die dieses Werk ausstrahlt. Es wirkt so einfach, so klar und doch so überraschend. Nicht überinszeniert, nicht mit einem irren Produktionsbudget ausgestattet.

Bei einigen internationalen Jurysitzungen, an denen ich in den vergangenen Jahren teilnehem durfte, ist mir aufgefallen, dass vor allem die skandinavischen Länder und die Holländer scheinbar diese kreative Leichtigkeit besitzen.

Sicher liegt ein Grund darin, dass diese Länder keine riesigen Werbenationen sind und ihre Budgets traditionell sehr begrenzt sind. Die Kreativen sind schon seit Jahrzehnten daran gewöhnt, aus wenig viel zu machen.

Auch in diesen Ländern besitzt Werbung einen gewissen Stellenwert, aber sie wird in den Unternehmen nicht gleich zum Nabel der Welt erkoren. Es gibt keine endlosen Hierarchien, die mitreden. Oder mitreden wollen.

Wie man immer es auch interpretieren mag, Spots wie dieser zeigen einem, wie einfach man Verbraucher begeistern kann und was für einen geilen Job wir Kreativen eigentlich haben.

Den Job sollten wir einfach nur machen.

Immer schön locker bleiben. Und: Keep it surprising, but simple.

Tipp 88: Verkrampftes Denken führt zu verkrampfter Kreation.

8 Kommentare:

milchsaeure hat gesagt…

Lieber Suchernder,

der Spot kommt von der Amsterdamer Agentur TBWA/Neboko (Regie Bart Timmer), die Kreativen waren Cor den Boer, Jorn Kruijsen, Jeroen van de Sande.

Du sagst Leichtigkeit, aber ich glaube, es gibt kaum etwas schwierigeres, als so einen Spot so gut zu machen. Das weiß jeder von uns, der schon mal Humor gedreht hat, oder? Man braucht viel Zeit (und Geld) fürs Casting. Und einen Regisseur, der das kann (Bart Timmer, Tim Hamilton, Lou van Rensburg)

Wäre vielleicht mal ein Thema für Dich: Regieauswahl.

milchsaeuregruss

milchsaeure hat gesagt…

Lieber Suchender,

entschuldige den Trippfehler.

Anonym hat gesagt…

ABSOLUT. REGIEAUSWAHL INTERESSIERT MICH AUCH SEHR!

Zschaler hat gesagt…

Zum Thema Regieauswahl und Film habe ich im Oktober 2008 folgende Beiträge veröffentlicht:

Der Dreh: nix dem Zufall überlassen. Aber auch.

Den richtigen Regisseur finden.

Wie man TV-Treatments schreibt.

Die Ingredienzen ungewöhnlicher Filme.

Das bewegte Bild. Und sein Preis.

Viel Spaß beim Lesen.

Zschaler hat gesagt…

@ milchsaeure: Ich habe selbst schon mit skandinavischen, holländischen und natürlich auch englischen Kreativen zusammen gearbeitet und konnte nur immer wieder feststellen, dass die gedanklich leichter und unkonventioneller an Briefings rangehen.

Sicher haben sich die Kreativen des Heineken-Spots viele Gedanken gemacht, wie das Casting und der Setbau aussehen müssen. Aber auch da ist das Zusammenspiel viel entspannter als hier, weil die Kunden den Agenturen und ihren Fähigkeiten auch mehr vertrauen.

Das passende Wort für diese Art der Arbeit ist: spielerisch.

Anonym hat gesagt…

Der Heineken-Spot erinnert mich an folgenden Budweiser-Spot, den ich noch lustiger finde:

http://www.youtube.com/watch?v=tZY15xAR90w

Welchen findest du besser?

Liebe Grüße vom Heiko

Zschaler hat gesagt…

Stimmt, die Spots haben eine gewisse Ähnlichkeit, dennoch ist ihre jeweilige Aussage etwas anders. Mir persönlich gefällt der Heineken-Spot besser. Er wirkt subtiler in der Botschaft. Und er sieht auch besser produziert aus.

Phil hat gesagt…

Naja. Der Bud ist schon älter. Und der TBWA Spot ist mir persönlich etwas zu sauber. Ich schließe mich Heiko an - von der Grundidee schon dagewesen.