Freitag, 9. Januar 2009

Denglischer Schwachsinn.

Der Termin wurde gecancelt.

Kannst du mir das e-Mail vom Kunden forwarden?

Bitte das beigefügte pdf downloaden.

Solche Formulierungen werden pro Tag vermutlich tausendfach in deutsche e-Mails gehackt. Speziell in der Werbung, wo mit englischen Begriffen nur so um sich geschmissen wird.

Natürlich erwische ich mich selbst dabei, dass ich ein e-Mail mit dem Satz „der Kunde hat uns neu gebrieft“ (noch bescheuerter: „der Kunde hat uns gerebrieft") schreibe. Aber keiner wundert sich. „Gebrieft“ ist genau genommen der gleiche Käse wie oben, obwohl dieses Wort im Werberlatein schon zum absoluten Grundwortschatz gehört.

In letzter Zeit ist mir allerdings aufgefallen, dass die denglischen Zwitter mehr und mehr in den Wortschatz meiner Texter (und auch der Berater) übergehen und in ihren Texten (nein, nicht in ihren "Copies") auftauchen. Bevorzugt in Konzeptvorläufen, in Beschreibungen von Ideen oder in Filmtreatments.

Beispiele:

Wir gestalten einen Aktionsstand, der rundum mit XY gebrandet ist.

Der Motor wurde finegetuned (oder schreibt man fein getuned?).

Die Kamera fährt closer heran.

Das ganze Boden ist mit Fell equippt.

Spätestens bei solchen Sätzen werde ich altmodisch. Da fängt der Stilbruch an.

Es ist eine Form von Bequemlichkeit, die zu solchem Formulierungs-Schwachsinn führt. In der deutschen Sprache muss man oft ein bis zwei Worte mehr aufwenden, um das gleiche zu sagen. Die Formulierungen sind zudem natürlich Ausdruck des sprachlichen Umgangs, den ein Texter pflegt.

Da sollte man als ausgewiesener Feinsemantiker aber eine stilistische Sensibilität entwickeln und etwas dagegen unternehmen: zum Beispiel mehr Literatur lesen.

Meine Haltung zu Denglisch hat nichts mit Deutschtümelei zu tun, sondern ist eine Frage der Konsequenz. Entweder ich nehme einen englischen Begriff in seiner Urform, der in der deutschen Sprache akzeptiert ist (Beispiel: Das Team holt den Cup).

Oder ich wähle ein deutsches Wort.

Gebrandet, gecancelt, downgeloaded und so weiter – das geht gar nicht.

Englisch ist die Weltsprache. Und wie viele von euch stelle ich immer wieder fest, dass man häufig das Gefühl nicht los wird, Werbung in Englisch wirkt einfach besser (cooler?) als in Deutsch.

Aber: Man muss seine eigene Sprache ja nicht total verleugnen.

Kleines Rätsel am Ende: Die e-Mail? Oder das e-Mail?

Tipp 87: Vermeide deutsch-englische Wortzwitter in Texten.



Probleme mit der englischen Sprache sind natürlich eine tolle Dramaturgie für ein Werk wie dieses: What are you sinking?

Ein Spot für die Berlitz-School aus dem Jahr 2006 (ich tippe auf Goldidee).

15 Kommentare:

Wolfwendy hat gesagt…

Eindeutig, was sich hinter "e-Mail" verbirgt: elektronische Post. Dementsprechend dürfte sie feminin sein. Allein die Tatsache, dass das zur Frage steht, macht mich nachdenklich - aber nicht schlauer.

Zum Anderen:
wenn man sich derartig international fühlen möchte, soll man doch gleich alles über die Weltsprache abhandeln. Ich halte es für respektvoll, wenn man die deutsche Sprache ganz außen vor lässt, anstatt sie zu verschandeln.

Anonym hat gesagt…

Mit "Goldidee" meinst du ein "scam ad" oder? Wie unpassend, ich weiß, aber den Begriff hat man hier so gelernt.

Anonym hat gesagt…

also ich glaube das eine idee nicht unbedingt besser wird weil man einen englischen werbespruch unter dem markenzeichen stehen hat. meist denken wir nur das sie besser ist. wir glauben sie zu verstehen. aber im endeffekt übersetzen wir sie nur.

kein wunder das die deutsche sprache immer schlechter wird. wir machen es ja vor alles zu verdenglischen.

es wäre doch viel besser die deutsche sprache mal zu fördern. bevor wir sie total kapput gemacht haben...

Zschaler hat gesagt…

Bewahrung der Sprache hin oder her: wir sind immer abhängig davon, wie unsere Zielgruppen reden und was zu ihrem Sprachgebrauch gehört. Und wenn cool ein gängiges Wort ist, warum soll man sich dann mit gesteltzen Worten unattraktiv machen, um das Wort zu umschreiben (lässig, abgeklärt, etc.?).

"cool" als englisches Wort in einem deutschen Satz mag ich mir noch gefallen lassen, aber eine Formulierung wie "er hatte nie zuvor etwas Cooleres gesehen" kann ich nicht ab.

Zschaler hat gesagt…

@Florian: mit Goldidee meine ich Ideen, die extra für Awards gemacht wurden.

Wer es kritisch sehen will, sagt dann eben Fake- oder Scam-Ad dazu.

Leider ist der Begriff "Goldidee" inzwischen durch die Diskussionen mit negativen Konnotationen belegt.

Denn eigentlich kann auch eine echte Kampagne eine Goldidee sein bzw. durch die Wettbewerbe werden.

Anonym hat gesagt…

Danke, gut zu wissen!

Anonym hat gesagt…

Ist ja witzig darüber zu lesen, und dann eine Stellenausschreibung von LD auf dasauge.de zu entdecken, die mit „Dein Background“ anfängt :)

Tolles Blog, lese ich sehr gerne. Mal was anderes, stellt ihr auch Designer ein?

Zschaler hat gesagt…

Wenn ich meinen Beitrag noch richtig im Kopf habe, dann war ich nicht gegen ur-englische Worte, die sich in der deutschen Sprache etabliert haben, sondern nur gegen die deutsch-englischen Wortvergewaltigungen (gedownloaded, auch sehr nett: geseedet).

Aber im Grunde hast du recht. Background! Da hätten wir auch Hintergrund schreiben können.

In diesem Sinne: Bye bye.

Anonym hat gesagt…

Wortvergewaltigungen, wurdest Du schon mal vergewaltigt? Das hat mit Worten nämlich wenig zu tun.

Zschaler hat gesagt…

Ist das nicht ein bisschen arg moralinsauer? Klingt so feministisch, deine Kritik.

Anonym hat gesagt…

Ich halte es nicht für übertrieben, es zu erwähnen, wenn Du es nicht für übertrieben hältst den Begriff einzusetzen. Aber ich sage den Leuten auch gerne, dass sie „dass“ und „das“ nicht auseinander halten können.

Ich dachte, besonders als Texter ist man dafür sensibilisiert wie man auf Emotionenbeladene Begriffe reagiert, und erfolgreich umsteuern kann, vorausgesetzt man will nicht einfach dumm in den Raum reinprovozieren.
Man gibt sich so viel Mühe bei der Vorbereitung eines Textes und dann rotzt man irgendwas einfach hin, das ist erstens schlampig. Und zweitens sehe ich das durch die Erfahrungen in meinem Bekanntenkreis in anderem Licht. Auch ohne diese Erfahrungen fand ich diese Begrifflichkeit blöd, weil nämlich oft etwas so Unwichtiges wie z.B. grafische Formen (dieses G sieht ja mißhandelt aus) auf ein Niveau der menschlichen Wichtigkeit gehoben wird. So wichtig sind die Formen nicht. Das sage ich übrigens auch als Typedesigner, dem die Formen an sich sehr wohl wichtig sind.

Man muss meine Ansicht nicht teilen, ich äußere sie weil hier eine Kommentarfunktion und „Draht zum Chef“ geboten wird.

Bevor ich es vergesse, was ist nochmal genau der Unterschied zwischen einer Kreativ- und Werbeagentur?

Zschaler hat gesagt…

Ich bin absolut bei dir, dass man beim Texten, auch formal, möglichst präzise sein muss. Satzzeichen, die richtige Schreibweise, Absätze – alle haben auch etwas mit Rythmus zu tun, wenn man einen Text durchliest. Und damit auch mit Betonungen.

Aber gerade als Texter sucht man natürlich Formulierungen, die bildhaft, die ungewöhnlich und die trotzdem treffend sind.

Wenn ein Texter aus "seeding" und "gestreut" dann eben "geseedet" macht, dann zwingt er zwei Wortkörper zusammen zu gehen, die aus meiner Sicht nicht zusammen gehen wollen.

Wortvergewaltigung. Ich finde das einen tollen Begriff.

Sorry.

Anonym hat gesagt…

Aber es ist ein Unterschied, eine treffende Formulierung im Sinne der Bild oder der Zeit zu finden. Beide müssen verkaufen. Eine schlechte Metapher wird auch dadurch nicht besser, dass sie ewig im Deutschen gebräuchlich ist. Im Englischen kenne ich so was übrigens nicht.

Egal, we agree to disagree.

Doch ich frage mich inzwischen ob Deine Weigerung, meine Fragen zu beantworten, einen halben Dialog oder einen besseren Monolog aus dem Draht zum Chef macht.

Zschaler hat gesagt…

Ehrlich gesagt, ich verliere langsam den Faden, worum es dir hier eigentlich geht.

Aber der Monolog-Vorwurf sitzt natürlich, deshalb Vorschlag zur Güte. Kannst du deine Fragen noch mal kurz in je einem Satz formulieren.

Ich will gerne darauf antworten.

Eine habe ich schon gefunden.

Was ist der Unterschied zwischen einer Kreativ- und Werbeagentur?

Da dürfte es eigentlich keinen Unterschied geben, aber die Praxis hat gezeigt, dass es viele Agenturen gibt, die nicht nach der besten Idee streben, um das Problem zu lösen, sondern nach dem, wovon Sie glauben, dass es dem Kunden gefällt.

Kreativagenturen haben eher den Drang, etwas zu schaffen, das einzigartig, ungewöhnlich und überraschend ist und natürlich das Briefing erfüllt. Die Gefahr steigt damit jedoch, dass solche Lösungen dem Kunden nicht gefallen.

Aber ich gebe zu, die Grenzen sind da fließend.

Unknown hat gesagt…

Mir wurde beigebracht, das nach einem langgezogenen Selbstlaut ein ß und nach einem kurzen Selbstlaut das ss benutzt wird. Das ist zwar am Thema vorbei sitzt aber bis heute.