Freitag, 21. November 2008

Kommt das Award-Kartell?

Eine große Zahl von Agenturen schließt sich auf Initiative von Grabarz & Partner zusammen, um eine exklusive Liste von Kreativ-Wettbewerben fest zu legen, die in Zukunft beschickt werden soll.

Man kann es an seinen zehn Fingern abzählen, dass es sich bei den Agenturen um die Oberetage des aktuellen Kreativ-Rankings handelt.

Jedenfalls steht es so in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift Horizont.

Die radikalste Lösung dieses Kartells soll sein, nur noch bei ADC, Cannes und Effie einzureichen.

Die rund 15 anderen nationalen und internationalen Wettbewerbe (One Show, D+AD, NYC Festival, ADC NY, Clio, Cresta, Eurobest, LIAA, Das Plakat, Die Anzeige, RMS, Goldene Eins, usw. usw.) fallen hinten runter?

Und der Wettbewerb "Die Klappe" auch? Ist er doch das jüngste Baby einer der Kreativchefs der Kartell-Teilnehmer. Wollen wir wetten, dass "Die Klappe" drin bleibt?

Viel Spaß beim Verhandeln der Liste, lieber Andreas Grabarz. Irgendwie hoffe ich immer noch, dass es sich um eine Ente handelt.

Als hätte ich es am Dienstag vorhergesehen (siehe Goldideen haben die Finanzkrise verursacht) kommt diese Initiative nicht umsonst zum jetzigen Zeitpunkt.

Award-Kosten schlagen richtig auf den Profit und vielen Agenturen steht durch die Finanzkrise ein Jahr ins Haus, in dem sie in ganz enge Einkommens-Höschens schlüpfen müssen.

Da muss gespart werden wo es geht.

Aber diese Award-Nummer ist vertane Zeit (hier könnte man schon mal schön sparen).

Wettbewerbs-Absprachen sind meistens das Mittel der Ängstlichen, der Hilflosen oder der Hinterlistigen (was ich hier aber nicht unterstellen will) und gehen traditionell in die Hose.

Siehe Wachs-Industrie. Siehe Aufzüge. Siehe Vermarkter von Werbezeiten.

Hinzu kommt, dass schon vor rund 7 bis 8 Jahren ein Award-Kartell ins Leben gerufen wurde.

Erfolglos.

Je weiter die Absprache weg war, desto umfangreicher waren die Verstöße gegen die Absprache.

Die Geister der Fakes und die damit ausufernde Award-Industrie, die wir allesamt mit herbei gerufen haben, wird jetzt plötzlich von den Agenturen, die am meisten davon profitiert haben, beschnitten.

Hat einen ganz ganz faden Beigeschmack.

Motto: Wir haben uns unseren Kreativruf ja erarbeitet. Jetzt ändern wir mal die Spielregeln.

Auch der Award-Markt ist eine freie Marktwirtschaft und die freie Marktwirtschaft wird es richten (weshalb ich auch gegen jegliche Subventionen von Marktteilnehmern bin, die Fehler begangen haben).

Verzockt ist verzockt. Spielschulden sind Ehrenschulden.

Das Award-Kartell kann, wenn überhaupt, sowieso nur etwas länger als 6 Monate überleben, wenn es ein dazugehöriges Presse-Kartell zur Award-Berichterstattung gibt.

Die Presse müsste ihre Tabellen entsprechend den Kartell-Vorgaben reduzieren.

Das wird spannend, denn die Motivation der Agenturen, bei all den vielen Kreativ-Wettbewerben mit zu machen und so viel Geld zu investieren, erhält ja erst Nahrung durch die Kreativ-Rankings (siehe die neueste Ausgabe des Manager Magazin), die jedes Jahr veröffentlicht werden.

Und durch den Presserummel, der um die Kreativ-Rankings gemacht wird. Diese PR ist quasi das alljährliche Empfehlungsschreiben für den Marketingentscheider, der eine Kreativagentur sucht (was durch die Fakes eigentlich schon totale Wettbewerbsverzerrung ist).

Der Markt für Awards wurde von uns Agenturen mit aufgeblasen, jede Agentur sollte deshalb auch weiterhin für sich allein bestimmen, wie sie sich auf ihm bewegt, wie sie sich in ihm positioniert und wie sie in Krisenzeiten mit den Kosten, die dazu notwendig sind, zurecht kommt.

Wie ist deine Meinung?

Tipp 58: Gründe niemals ein Kartell, es geht immer nach hinten los.




Agenturen planen ein Award-Kartell (Horizont vom 20.11.).

Dieses Thema ist doch eine Umfrage unter meinen Blog-Lesern wert (siehe Spalte rechts).

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Zschaler,

ich besuche zurzeit die Texterschmiede und mache mir natürlich Gedanken, welche Agentur(philosophie)zu mir passt, bzw. wo ich mich gerne bewerben würde. Sie sprechen davon, man solle sich mal öfters mit kreativen Menschen aus anderen Bereichen treffen. Dem stimme ich absolut zu - nur konnte ich bisher in zwei Agenturen Erfahrungen sammeln - wo man eigentlich nie Zeit hatte, mal raus zu gehen, um sich mit anderen Menschen zu treffen und über eine Idee zu brüten. Bzw. oft wird unter "Arbeit" verstanden, am Rechner zu sitzen.. Meine Frage an Sie: inwiefern ist es denn ihren Junior-Textern erlaubt, das Gebäude mal zu verlassen, um sich in einem Cafe, oder wo sonst auch immer, mit Leuten aus anderen Bereichen zu treffen und irgendwelche Sachen auszudenken. Bzw. stellen Sie auch mal Kontakte mit Regiesseuren und Textern her, die sich mal zusammen setzen sollen?

Anonym hat gesagt…

Ich finde es scheisse, was Grabarz & Co. da abziehen wollen. Wieso machen Agenturen sowas?! Nur um ihr noch so geiles Agentur-Ego aufzupuschen?! Man man man!
Diese "großen" Agencies sollten sich mal bemühen, gute Werbung zu produzieren. Gute und ehrliche Werbung, keine Fakes.
Jede Agentur sollte für sich bestimmen, auf welchen Awards sie ihre Arbeiten schicken. Wie langweilig muss es diesen Agenturen sein, das sie sich sowas ausdenken wie ein "Kartell"?!
Diese Agenturen sind alle auf den Topplätzen auf dem Ranking, aber wollen immer höher. Jeder will höher auf dem Ranking. Keinen interessiert es, ob das, was sie produzieren fakes sind oder nicht, ob ihre Arbeitsweise korrekt ist oder nicht, ob ihre Arbeiter glücklich sind oder nicht. NEIN. Hauptsache man hat einen schönen Platz auf dem Ranking.
Ich finde die Idee mit dem Kartell bescheuert.
Die (deutschen) Agenturen sollten sich lieber bemühen gutes zu produzieren, man sieht viel zu oft schlechte, sehr schlechte Werbung im TV, und auch auf den Straßen.

Zschaler hat gesagt…

Zum ersten Kommentar:

Wir versuchen zu verhindern, dass die Kreativen nur vor dem Rechner sitzen. Generell glauben wir an Teamarbeit und stellen Text/Art-Teams auf bzw. bieten dem Juniortexter Partner aus dem Junior Art Bereich an (das können auch mehrere sein, es wird dann pro Job oder Kunde gewechselt). Diese Teams dürfen auch raus ins Café gehen, wenn sie da besser denken können. Bisher machen das aber die wenigsten. Wichtig ist nur, was nachher in den Abstimmungsmeetings auf dem Tisch liegt. Wenn jemand dauernd ins Café geht, um auszudenken, und trotzdem laufend mäßige Ideen auf den Tisch legt, gibt es natürlich Diskussionsbedarf.

Der Austausch mit Leuten von der Produktionsseite ist auch bei uns suboptimal. Wir laden ab und zu Leute ein, aber das müsste noch mehr sein.

Steht allerdings fest, dass ein Skript mit einer sehr exekutionellen Idee zum Kunden gehen soll, dann tauschen wir uns (sprich: die Leute, die die Idee hatten) vorher auf jeden Fall mit entsprechenden Leuten von Filmproduktionen, Post-Produktionen oder mit Fotografen oder Illustratoren aus. Natürlich unterstützt uns dabei auch unser FFFler.

Zschaler hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Zschaler hat gesagt…

Zum zweiten Kommentar:

Je höher Agenturen im Ranking stehen, desto mehr Geld haben sie für Fakes ausgegeben.

Diese Kosten drücken jetzt vor der anstehenden Finanzkrise.

Damit man seinen Platz im Ranking aber nicht verliert, möchte man sich mit allen anderen, die oben stehen, solidarisieren, um zu verhindern, dass man selbst im Ranking abfällt, weil man weniger Geld für Goldideen bereit gestellt hat.

Da haben die "kleinen" inhaber-geführten Agenturen natürlich Angst vor der Investitionsmacht der großen Networks, weshalb versucht wird, die Dickschiffe wie BBDO, Ogilvy, DDB etc. mit ins Boot zu holen.

Wie auch immer, das Perverse an der Aktion ist, dass es gar nicht mehr um Ideen geht, sondern nur noch um Geld.

Anonym hat gesagt…

Es geht immer nur um Zahlen, und um Geld. Traurig!!!

Anonym hat gesagt…

Dann wird es wohl bald den Arschkriecherclub - kurz AKC - geben. Die Auszeichnungen sind dann goldene Edding 500, die sich die selbstverliebten Kartellagenturen gegenseitig reinschieben. Hoffentlich gibt's von der Preisverleihung keinen viralen Spot.

Zschaler hat gesagt…

Ich verstehe nicht ganz, wem hier in den Arsch gekrochen wird. Eigentlich will das "Kartell" genau das Gegenteil realisieren. Die wichtigen Wettbewerbe werden von ihm, dem Kartell, definiert.